Bergfotografie: Tipps zu Ausrüstung, Motiven & Praxis

Bergfotografie - Teil 04 - Bergsport klassisch - Action eingefroren

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Apropos Goldener Schnitt: Hätte ich mich bei diesem Motiv exakt an die „klassische“ Aufteilung (3:5) gehalten, wäre der Grat vor dem Bergsteiger kürzer und die „Luft“ über dem Gletscher kleiner, das heißt, das Bild wäre in seiner Aussagekraft lange nicht so stark. Technisch genügt auch hier die 1/125 Sekunde, um die Action einzufrieren. (bei Teleobjektiven ab 135 mm ohne Bildstabilisator besser 1/250 Sekunde). Seblaskogel, Stubaier Alpen, Österreich.

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Klassisch ist jedoch nicht unbedingt gleichzusetzen mit einfach. Wir müssen nicht nur technisch einiges beachten, wir haben auch viele verschiedene Möglichkeiten der Interpretation. Action, das heißt Bewegung einzufrieren, verlangt grundsätzlich mal nach einer kurzen Verschlusszeit. Nur - wie schnell ist Bewegung und was ist eine kurze Verschlusszeit? Für zwei bummelnde Wanderer in 50 Meter Entfernung genügt meist die 1/125 Sekunde.

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Diese Bildsprache liegt momentan im Trend: nah dran, angeschnitten, aktiv. Bei schnellen Schritten sollte die Verschlusszeit entsprechend kurz sein. Bei dieser Aufnahme am frühen Morgen arbeitete ich „nur“ mit 1/250 Sekunde bei Blende 5 und ISO 640. Alpspitze, Wetterstein Gebirge, Deutschland.

Ein anderes Beispiel: Ein Freerider (so nennt man heutzutage Tiefschneefahrer) macht einen langen, aber dennoch schnellen Turn (nannte man früher Schwung) in einem großen Bergrücken. An der Kamera habe ich ein leichtes Weitwinkelobjektiv, um die umliegende Landschaft noch mit einzubeziehen. Genügt hier die 1/250 Sekunde? Tja, vielleicht - besser ist jedoch die 1/500 Sekunde.

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Der Skifahrer wurde durch die kurze Verschlusszeit von 1/800 Sekunde eingefroren. Nur der staubende Schnee drückt noch die eigentlich schnelle Bewegung aus. Ochsenalpesköpfle, Ammergauer Alpen, Österreich.

Wenig später eine neue Szene. An der Kamera habe ich diesmal das 15 mm-Superweitwinkelobjektiv. Ein sehr sportlicher, um nicht zu sagen aggressiver Skifahrer, kommt mit fast 80 km/h!! auf mich zu und zieht in gut einem Meter Entfernung an mir vorbei. Schnee staubt.

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Dieses Bild ist eigentlich eine Überschneidung zweier Techniken. Einerseits habe ich den extrem nahen Fahrer durch 1/1000 Sekunde eingefroren, andererseits habe ich leicht mitgezogen, um die extrem schnelle Bewegung noch zu unterstreichen. Zillertal Arena, Zillertaler Alpen, Österreich.



Die 1/1000 Sekunde ist hier das Minimum; wann immer es geht, versuche ich in solchen Situationen sogar auf 1/1500 oder 1/2000 Sekunde zu kommen, indem ich entweder die ISO-Empfindlichkeit nach oben verändere (z.B. ISO 400) oder die Blende öffne.

Bedingt durch das extreme Weitwinkel von nur 15 mm (Vollformat-Fischauge) täuschen bei diesem Bild die Distanzen. Der Fahrer, hier mit einer Verschlusszeit von 1/1250 Sekunde scharf eingefroren, passiert mich in nur drei Meter Entfernung. Hintertux, Zillertaler Alpen, Österreich:

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Die gleiche Szene wie zuvor - nur mit einer 1/800 Sekunde fotografiert. Der Fahrer ist leicht bewegungsunscharf … Vorder- und Hintergrund jedoch sind einwandfrei scharf.

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Grundsätzlich kann man in diesem Bereich der Fotografie folgende Faktoren zusammenfassen: je schneller die Bewegung, desto kürzer muss die Verschlusszeit sein. Entscheidend ist jedoch nicht nur die absolute Geschwindigkeit der Bewegung, sondern auch der Abstand zum Objektiv: Je näher der Akteur der Kamera kommt, desto kürzer muss die Verschlusszeit sein.

Welche Technik ist für diesen Bereich der Fotografie empfehlenswert? Ich verwende auch in der Sportaction-Fotografie (fast) immer die Blendenvorwahl (Zeitautomatik). Das heißt, ich wähle die Blende und die Kamera steuert nach der Belichtungsmessung die Verschlusszeit bei. Nur muss ich jetzt, anders als in der Landschaftsfotografie, nicht nur auf die Blende und damit die Ausdehnung der Schärfentiefe achten, sondern auch auf die Verschlusszeit. Im Zweifelsfall verzichte ich lieber auf etwas Schärfentiefe und öffne die Blende zugunsten einer kürzeren Verschlusszeit. Nur wenn ich über einen längeren Zeitraum die gleiche schnelle Aktivität fotografiere, die immer eine bestimmte Verschlusszeit voraussetzt, wechsle ich ausnahmsweise mal in die Blendenautomatik (Zeitvorwahl). Man wählt hier die gewünschte Zeit vor und die Kamera errechnet anhand der augenblicklichen Lichtsituation die richtige Blende dazu. Aber ganz wichtig: Bitte das Zurückstellen in den gewohnten Arbeitsmodus nicht vergessen!!

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Weder das Scharfstellen noch die Schärfentiefe sind bei Bildern dieser Art ein Problem, ganz gleich ob Autofokus oder manuell. Bei Blende 9 liegen selbst die Gipfel im Hintergrund (trotz leichter Tele-Brennweite) noch im Bereich der Schärfentiefe. Venter Höhenweg, Ötztaler Alpen, Österreich.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Schärfeebene im Bild. Ganz gleich ob Wanderer oder Skifahrer, wir wollen die Akteure ja scharf abgebildet fotografieren. Die Schärfe muss, wenn wir die Bewegung schon einfrieren wollen, unbedingt „auf dem Punkt“ liegen. Beim „Wanderer gegenüber“ ist dies kein Problem. Ganz gleich ob mit Autofokus oder manuell: Es bleibt genug Zeit, um auf die Personen scharfzustellen. Wenn man dann auch noch die Blende um zwei oder drei Werte schließt, sollte die Schärfe in jedem Fall passen. Aber für jede Regel gibt es auch eine Ausnahme: Muss die Schärfe immer zwingend auf den Akteuren liegen? Natürlich nicht, es kann auch reizvoll sein, auf den Vordergrund zu fokussieren und mit relativ offener Blende die Akteure in leichter Unschärfe zu belassen.

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Fotos dieser Art sorgen für Abwechslung. Die Wanderszene bleibt in ihrer Aussage klar erkennbar, obwohl der Fokus (bei Blende 9) markant auf den Blumen liegt. Zellberg, Zillertaler Alpen, Österreich.

Viel schwieriger ist die nahe Action. Weder der Autofokus noch der Fotograf können im Action-Nahbereich eine hundertprozentige Erfolgsquote garantieren. Was hier oft zum Ziel führt, ist ein ganz banaler Trick, die sogenannte Schärfefalle. Viele kennen sie noch aus analogen Zeiten ohne Autofokus. Oft habe auch ich damals auf einen Stein, Zaun o.Ä. manuell scharfgestellt. Als die Wanderer dann auf Höhe der vorab eingestellten Schärfe waren, habe ich hochkonzentriert einmal ausgelöst. Mehrere Auslösungen waren meist unmöglich, da die manuellen Kameras noch keine Serienbildfunktion hatten und der Filmtransport sowie das Aufziehen des Verschlusses mittels Schnellschalthebel nicht nur zu lange dauerte, sondern in der Regel auch den Bildaufbau veränderte.

Zudem war mir der klobige, zusätzliche Motorantrieb zu schwer. Nach sieben Versuchen war meist ein scharfes Bild dabei, auf dem auch die Position und Haltung der Personen stimmte. Nach diesem Prinzip arbeite ich auch heute noch gelegentlich, und zwar hauptsächlich im Sportaction-Nahbereich. Ich stelle zum Beispiel am Objektiv, vorzugsweise am starken Weitwinkelobjektiv, die Schärfe manuell auf ein oder zwei Meter ein. Im entscheidenden Moment löse ich dann, ganz gleich ob beim Wanderer, Freerider oder Mountainbiker, in maximaler Serienbild-Geschwindigkeit aus.

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17 mm Brennweite, 1/1000 Sekunde und Blende 6,3 sind die nüchternen technischen Daten für diese Aufnahme. Die Schärfe hatte ich auf 1,5 Meter vorfokussiert. Hochsölden, Ötztaler Alpen, Österreich.

Bedingt durch den großen Schärfentiefebereich des Superweitwinkels auch schon bei relativ offenen Blenden von 4 oder 5,6, erreiche ich bei dieser Arbeitsweise durchaus hohe Trefferquoten. Aber gerade bei Skifotos stelle ich jedes Mal wieder fest, wie schnell Action sein kann. Der Zeitraum für ein gutes Bild ist oft nur ein Sekundenbruchteil. Da sind plötzlich die 10 Bilder pro Sekunde einer Nikon D3 oder Canon 1D Mark III gar nicht mehr so schnell. Natürlich sind diese beiden, bei Profifotografen sehr gängigen Modelle, für die meisten Amateure unerschwinglich. Für Sportfotografen sind sie weder Luxus noch Angeberei, sondern notwendiger Standard. Aber es gibt, jetzt endlich, auch für Hobbyfotografen bezahlbare Alternativen. Die Canon 50D oder die Nikon D 300 bieten mit ihren rund sechs Bildern pro Sekunde unglaublich viel fürs Geld.

Wo liegen denn nun, abgesehen von der Robustheit, der technischen Ausstattung oder der Geschwindigkeit, die Unterschiede zwischen einer Kamera für 1000,- Euro und dem Profi-Modell für 4000,- Euro? Zum Beispiel in der Anzahl möglicher RAW-Aufnahmen in Folge, ohne dass die Kamera Pausen benötigt für den Datentransfer. Die Canon 50D schafft immerhin 16 Bilder in Folge, die 1D Mark III jedoch 30!!

Stellen Sie sich folgende Situation vor: ein langer Hang, 50 Zentimeter traumhafter Neuschnee. Die tief stehende Wintersonne modelliert den Hang wunderbar dreidimensional aus dem Umfeld heraus. Der ganze Hang noch ohne Spur. Oben stehen drei gute Fahrer und warten auf Ihr Handzeichen. Es geht los, Sie lösen mit dem ersten Schwung aus, dann der nächste … Schon jetzt sind drei Sekunden vorbei, 6,5 Bilder pro Sekunde werden aufgezeichnet. Die Kamera rechnet, sie lässt sich nicht mehr auslösen. Aber erst jetzt kommt das perfekte Bild … Ich glaube, ich brauche nicht weiterzuerzählen.

Hätte ich bei diesem Motiv ab dem ersten Schwung mit maximaler Serienbild-Geschwindigkeit ausgelöst, hätte ich zu diesem Zeitpunkt bereits kein Bild mehr machen können. Aber erst an dieser Stelle sind die drei Fahrer wirklich gut platziert. Das Bild drückt jedoch nicht nur Freude am Tiefschneefahren aus, sondern auch die Gefahren des Hochgebirges durch den kleinen Lawinenabgang im Schatten. Madonna di Campiglio, Brenta, Italien.

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Es gibt jedoch auch für derartige Situationen Tricks, um die eigenen technischen Möglichkeiten optimal und effektiv zu nutzen. Zum einen spiele ich die gesamte Aufnahmesituation schon vorab in Gedanken durch. Wo und wann ist es fotogen, wo und wann will ich auslösen. Während der Aufnahmen konzentriere ich mich beim Blick durch den Sucher ganz bewusst auf die „schönen“ Momente. Nur dann löse ich aus und spare mir so mein gegebenes Volumen möglichst lange auf. Mit ein wenig Übung bekommt man in der schnellen Action-Fotografie durchaus ein Gespür für die Zahl der möglichen Aufnahmen. Apropos „schöner“ Moment: Mindestens genauso oft geht es in der Fotografie um den „richtigen“ Moment.

Gut zehn Minuten folgte ich dem Kletterer mit dem EF 2,8 70-200 mm-L IS-Zoomobjektiv, zusammen mit der Kamera gut 2,5 Kilogramm schwer. Im entscheidenden Moment musste ich nur noch auslösen.

Das Bild habe ich bezüglich Ausschnitt (wie alle anderen Aufnahmen übrigens auch) nicht verändert!!

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1/1600 Sekunde bei Blende 6,3. Klettergebiet Ewige Jagdgründe, Zillertaler Alpen, Österreich.

Um den entscheidenden Moment zu erwischen, muss man die Kamera oft über lange Zeiträume vor dem Auge haben und, wenn nötig, blitzschnell reagieren. Aber genau das erfordert viel Erfahrung und, zumindest mit langen Teleobjektiven, durchaus auch viel Kraft.

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Dank Bildstabilisator konnte ich die Aufnahme mit nur 1/40 Sekunde verwacklungsfrei fotografieren. Der scharf eingefrorene Eindruck wird jedoch durch den (schwachen) Einsatz eines Blitzes etwas verstärkt. Bachhexe, Zillertaler Alpen, Österreich.

Ein letzter gut gemeinter Rat: Auch in Zeiten billiger Festplatten empfehle ich zu Hause am Rechner rigoroses Aussortieren. Vergleichen Sie die Aufnahmen einer Serie kritisch und archivieren Sie nur die besten Bilder. Alles andere führt ins Datenchaos. Viel Action-Spaß…

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Zum Schluss nochmals ein Klassiker für eingefrorene Bewegung mit 1/200 Sekunde bei Blende 8. Schneeschuhgänger am Geißkopf, Zillertaler Alpen, Österreich.