Skizzenlegende:
Wenn seit den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Darstellung von Männern in der Aktfotografie kontinuierlich zugenommen hat, so ist dies weniger den Emanzipationsbestrebungen der Frauenbewegung und den Hochglanzzeitschriften für Frauen, wie beispielsweise dem „Playgirl“ zu verdanken, sondern vor allem den homoerotischen Fotografen, welche in der Tradition der Schwarz-Weiß-Aktfotografie den männlichen Akt als Kunstform sozusagen „wiederentdeckt“ haben.
Unterstützend mag sich hierbei ausgewirkt haben, dass sich das Selbstverständnis der homosexuellen Männer quasi parallel hierzu fortentwickelt hat und sie in zahlreichen Bodybuilding-Magazinen eine Plattform vorfanden, um ihre Arbeiten einem größeren Publikum zugänglich zu machen.
Der wohl bekannteste Schwarz-Weiß-Aktfotograf auf diesem Gebiet war in den siebziger, achtziger und neunziger Jahren der amerikanische ehemalige Bildhauer Robert Mapplethorpe, der vor allem mit seinen Werken athletischer Afro-Amerikaner eine kraftvolle Dimension männlicher Akte geschaffen hat, die von ihm sowohl erotisch begehrlich als auch ästhetisch ansprechend umgesetzt wurden.
Ein mutiges und richtungsweisendes Buch zum Thema Aktfotografie von Männern im deutschsprachigen Kulturraum ist der Schwarz-Weiß-Fotobildband „Männer“ (1984) von der in München lebenden Herlinde Koelbl, das der interessierte Leser unbedingt einmal zwecks Anregung zurate ziehen sollte. Obwohl einige dieser Aktporträts von manchen Kritikern gar als zu „aggressiv“ verurteilt werden, zeigt dieser Bildband doch eine beachtenswerte Bandbreite zu diesem Thema, die bei uns in solch konzentrierter Form lange beispiellos war. Erst im Oktober 2004 führte Sylvie Blum mit ihrem Bildband „M“ diese Tradition in schöner Weise fort.
Aktfotografien von Männern werden, im Vergleich zu denen von Frauen, auch heute noch eher selten angefertigt. Nur in der Werbung erfolgte in den Neunzigern eine Trendwende: So treten unbekleidete Körper von Männern mittlerweile doch relativ häufig in Erscheinung - allerdings bitteschön züchtig das Geschlechtsteil in einer Jeanshose oder, wie hier, hinter der Hand des Models versteckt.
Die Akzeptanz in der Bevölkerung reicht bis zum (bitte möglichst muskulären) unbekleideten Oberkörper - aber (noch) nicht allzu viel weiter. Oben hui - unten pfui; dies scheint den heutigen Stand der meist heroisierenden und idealisierenden Aktfotografie von Männern treffend zu beschreiben. Ein Blick in die Geschichte der bildenden Kunst zeigt, dass das nicht immer so war: So standen den frühen griechischen Bildhauern meist Männer und Knaben Modell, während Frauen und Mädchen im Vergleich hierzu eher selten modelliert wurden.
Mittlerweile kann auch die Persönlichkeit (verkörpert durch das Gesicht) neben dem Körper des (männlichen) Models gleichberechtigt im Vordergrund der Aktaufnahmen stehen. Und das Geschlechtsteil, wie hier abgebildet, wird nicht mehr als etwas „Unschickliches“ oder „Störendes“ vom Fotografen abgesehen, es wird aber auch nicht extra hervorgehoben, sondern als etwas Natürliches, sozusagen „Dazugehöriges“ betrachtet und fotografiert. Interessant ist, dass gerade eine solche Natürlichkeit bei vielen Menschen für Unwillen sorgt.
Diese würden immer noch lieber die Aktdarstellung des Mannes in den Schlafzimmerbereich verbannen. Der Wischeffekt sorgt bei diesem Foto für die Dynamik.
Während die Fotografen der ersten Aktdarstellungen in den Anfängen der Männer-Aktfotografie noch bemüht waren, möglichst verfremdete (z. B. durch Weichzeichner) und anonyme (Models wandten das Gesicht ab) Fotografien zu erschaffen, wurde später auf gestochen scharfe Aufnahmen Wert gelegt, wobei die Ästhetik mittels gekonnter Lichtführung erzielt wurde.
Wie auch bei diesem Foto lebt die Tradition der Bodybuilding-Fotografie immer noch weiter: Streif- und Seitenlicht sowie eingeölter Körper sind das Handwerkszeug dieser Art der männlichen Aktfotografie.
Als Arbeitsmaterial ist ein Vertragsmuster für ein Model Release vorhanden.