Teil 12: Nachführkontrolle während einer Langzeitbelichtung
Lichtschwache Himmelsobjekte am Nachthimmel erfordern eine lange Belichtungszeit. Auch wenn im Zeitalter der Digitalfotografie statt einer einzigen, sehr langen Belichtung mehrere kürzer belichtete Aufnahmen gemacht werden, die anschließend durch eine Bildverarbeitungssoftware addiert werden, ist beim Einsatz langer Aufnahmebrennweiten die automatische Nachführung einer astronomischen Montierung nicht exakt genug, um zuverlässig scharfe Fotos zu produzieren.
Dann ist es notwendig, während der Belichtungen den Lauf der Montierung zu kontrollieren und – falls erforderlich – korrigierend einzugreifen. Dieser Prozess wird als Nachführkontrolle oder neudeutsch „Guiding“ bezeichnet, die Tätigkeit als „guiden“. Übernimmt eine spezielle Kamera diesen Prozess, wird diese als Nachführkamera, als „Autoguider“ bezeichnet.Eine Nachführkontrolle wird nötig, wenn trotz motorischer Nachführung der Montierung innerhalb der gewünschten Belichtungszeit die Sterne nicht exakt punktförmig, sondern leicht strichförmig abgebildet werden.
Die Ursachen für diese Ungenauigkeit können vielfältig sein:
• Die mechanische Ausführung der Montierung ist den Anforderungen nicht gewachsen
• Die Montierung ist nicht gut genug eingenordet worden (siehe Teil 9 der Tutorialreihe „Astro- und Himmelsfotografie“ (Handhabung einer astronomischen Montierung)
• Die Geschwindigkeit der motorischen Nachführung entspricht nicht exakt der Geschwindigkeit der scheinbaren Himmelsdrehung
• Die Prismenwirkung der Erdatmosphäre (atmosphärische Refraktion) bewirkt, dass die Sterne nicht hundertprozentig an dem Ort stehen, wo sie stehen müssten
• Bewegungen im System, etwa die leichte Verkippung des Okularauszugs während der Belichtung
• Der periodische Schneckenfehler, den jede Antriebsschnecke gegenüber dem angetriebenen Zahnkranz im Laufe einer Umdrehung produziert
• Ungleichmäßigkeit des Zahnkranzes, der von der Schnecke angetrieben wird
Während man viele Punkte durch sorgfältigen Aufbau selbst beeinflussen kann, bleiben zumindest die beiden zuletzt erwähnten Punkte problematisch. Jede Mechanik, auch eine noch so gute und entsprechend kostspielige, wird geringste Abweichungen vom Idealzustand haben, was sich früher oder später auf lang belichtete Fotos auswirkt. Eine einfache Rechnung zeigt, welche Nachführgenauigkeit theoretisch erzielt werden muss.
Nehmen wir als Beispiel ein Teleskop mit 1500mm Brennweite, an das eine digitale Spiegelreflexkamera angeschlossen ist. Die Pixelgröße des Sensors nehmen wir mit 5,7 Mikrometer, also 5,7 tausendstel Millimeter an, einem Wert, der z.B. auf die Canon EOS 400D oder EOS 1000D zutrifft. Nehmen wir weiter an, dass die Luftunruhe den Ort eines Sterns über einen Bereich von vier Bogensekunden auslenkt (1 Grad = 60 Bogenminuten = 3600 Bogensekunden), was guten bis durchschnittlichen Bedingungen in Deutschland entspricht.
Das bedeutet, dass während der Belichtungszeit durch das Luftwabern jeder Stern ein Scheibchen mit vier Bogensekunden Durchmesser bildet. Schärfer werden wir die Sterne also ohnehin nicht abbilden können.
Nun ist zu berechnen, welchen Winkel ein Pixel des Aufnahmesensors abbildet. Das geschieht mit der folgenden Formel.
Formel zur Errechnung eines Bildwinkels Alpha. „L“ ist in diesem Fall die Kantenlänge der Pixel und „f“ die Brennweite. Beide Werte müssen in der gleichen Einheit (hier Meter) angegeben werden.
Der Abbildungsmaßstab beträgt also 0,8 Bogensekunden pro Pixel. Das Sternscheibchen wird demnach einen Durchmesser von 5 Pixel (entspricht 4 Bogensekunden) auf dem Sensor haben. Nun legen wir die Toleranz fest, die wir zulassen möchten, bevor von einer leicht strichförmigen Sternabbildung die Rede sein muss. Ich schlage vor, dass eine Auslenkung um 20 Prozent noch akzeptabel sein soll. Alles, was über diesen 20% liegt, soll als Unschärfe gelten. Diese Toleranz ist ein eher großzügiges Zugeständnis.
Links eine perfekte Sternabbildung bei optimaler Nachführung. Rechts ein Stern, der leicht verformt ist und dessen lange Achse die kurze um 20 Prozent übertrifft.
Bei einer Sternabbildung mit fünf Pixel Durchmesser entsprechen 20 Prozent genau einem Pixel Toleranz. Das bedeutet, dass die Nachführung während der Belichtungszeit gerade einmal 0,8 Bogensekunden vom Idealzustand abweichen darf. 0,8 Bogensekunden sind 2,2 zehntausendstel Grad (zur Erinnerung: Der Vollmond hat ca. 0,5 Grad scheinbaren Durchmesser!). Diese Rechnung mag verdeutlichen, welche Herausforderung die Nachführung mit langen Brennweiten darstellt und die Notwendigkeit der Nachführkontrolle unterstreichen.
Nachführkontrolle in der Praxis
Wie bereits angedeutet, gibt es zwei grundsätzliche Verfahren der Nachführkontrolle, die manuelle und die mittels eines Autoguiders.
1. Manuelle Nachführkontrolle
Während der manuellen Nachführkontrolle wird ein Fadenkreuzokular benutzt, in dessen Mitte ein Stern positioniert wird. Während der gesamten Belichtungszeit hält der Beobachter den „Leitstern“ im Blick und achtet darauf, dass er nicht aus der Mitte des Fadenkreuzes driftet. Wird eine Drift festgestellt, dann wird der Stern durch Betätigung der Richtungsknöpfe auf der Montierungssteuerung sofort wieder auf seine Sollposition gebracht.
Bei der manuellen Nachführkontrolle kontrolliert der Fotograf den Lauf der Montierung, indem ein Stern im Fadenkreuzokular beobachtet wird, während die Kamera die Belichtung durchführt. Durch die Handsteuerbox der Montierung kann korrigierend eingegriffen werden.
Wird das Hauptfernrohr als Aufnahmeoptik verwendet, muss zur Nachführkontrolle ein zweites Fernrohr eingesetzt werden, welches als „Leitfernrohr“ oder kurz „Leitrohr“ bezeichnet wird. Das Leitrohr wird zusammen mit dem Hauptfernrohr auf ein- und derselben Montierung angebracht und zu diesem mehr oder weniger parallel ausgerichtet. Eine absolute Parallelität ist nicht erforderlich. Im Gegenteil: Viele Leitfernrohre sind in sogenannten Leitrohrschellen auf dem Hauptfernrohr befestigt, die das Leitrohr in zwei Schellen mit je drei Handschrauben einklemmen. Durch die Verstellung der Handschrauben lässt sich das Leitrohr dann gegenüber dem Hauptrohr in gewissen Grenzen bewegen. Zweck dieser Anordnung ist, immer einen ausreichend hellen Leitstern zu finden, denn nicht jedes Motiv am Himmel enthält im Bildfeld einen hellen Stern.
Ein Paar Leitrohrschellen (rote Pfeile), aufgeschraubt auf das Hauptfernrohr, lassen dem Leitfernrohr Bewegungsfreiheit, um es auf einen helleren Leitstern ausrichten zu können. Dazu verfügt jede Schelle über drei Handschrauben, die das Leitrohr in allen Lagen festklemmen. Wird eine der Handschrauben gelöst, muss eine andere angezogen werden, um die Klemmung sicherzustellen.
Sie benötigen für die manuelle Nachführkontrolle demnach folgende Dinge:
• a) Leitfernrohr
Die Abbildungsqualität spielt keine große Rolle, sodass auch ein preiswertes Fernrohr als Leitrohr infrage kommt. Wichtig ist, dass die Brennweite nicht zu kurz ist. Im Idealfall sollte die Brennweite das Doppelte der Aufnahmebrennweite betragen. Durch den Einsatz einer Barlow-Linse (ein Linsensystem ähnlich einem Telekonverter) kann die effektive Brennweite des Leitrohrs verlängert werden. Der Okularauszug des Leitrohrs sollte stabil sein und nicht wackeln, weil ansonsten die erforderliche Nachführgenauigkeit nicht erreichbar ist.
• b) Fadenkreuzokular
Einfache Modelle haben zwei Fäden im Winkel von 90 Grad; zur Nachführkontrolle hilfreich sind vor allem Typen mit Doppelfadenkreuz, bei denen der Leitstern in seiner zentralen Position nicht hinter den Fäden verschwindet. Achten Sie auf jeden Fall darauf, dass es beleuchtbar ist. Das heißt, dass das Fadenkreuz durch eine rote LED, die durch Batterien gespeist wird, erhellt wird, sodass es auch vor einem dunklen Nachthimmel noch gesehen werden kann. Meist ist die Beleuchtungseinrichtung dimmbar.
Bei einem einfachen Fadenkreuzokular (links) bedeckt das Fadenkreuz den Leitstern. Ein Okular mit Doppelfadenkreuz (rechts) vermeidet diese Situation.
Ein Fadenkreuzokular mit dimmbarer Beleuchtungseinrichtung (roter Pfeil). Knopfzellen-Batterien im Inneren versorgen eine rote LED mit der notwendigen Spannung:
• c) Montagemöglichkeit für das Leitrohr
Das Leitrohr muss so stabil wie möglich auf dem Hauptfernrohr befestigt werden. Verwindungen während der Belichtungszeit würden die Nachführkontrolle ad absurdum führen. Eine elegante Lösung sind die oben bereits erwähnten Leitrohrschellen. Vorgehensweise: Zunächst wird das Hauptfernrohr mit der angeschlossenen Kamera auf das Himmelsmotiv ausgerichtet. Gegebenenfalls wird durch Drehung der Kamera im Okularauszug der gewünschte Bildausschnitt optimiert. Jetzt werden alle notwendigen Einstellungen an der Kamera vorgenommen. Dann erfolgt die Scharfeinstellung, für die notfalls auf einen hellen Stern unweit des gewählten Himmelsausschnitts geschwenkt werden muss.
Nach der Fokussierung wird nochmals der Bildausschnitt kontrolliert, was bei lichtschwachen Objekten durch eine Probebelichtung mit vielleicht einer Minute Belichtungszeit erleichtert wird, wobei auf eine Nachführkontrolle verzichtet wird. Erst dann wird das Leitfernrohr mit dem Fadenkreuzokular in seinen Leitrohrschellen bewegt, bis ein ausreichend heller Stern in der Mitte des Fadenkreuzes steht. Nun wird das Fadenkreuzokular in seiner Hülse so lange gedreht, bis die beiden Fäden exakt der Bewegungsrichtung der beiden Montierungsachsen (Stunden- und Deklinationsachse) entsprechen. Dazu wird die Bewegungsgeschwindigkeit der Motoren an der Steuerung auf etwa 16-fache Geschwindigkeit gestellt und die Montierung um die Stundenachse hin- und herbewegt. Das Okular ist so lange zu drehen, bis der Leitstern sich entlang eines Fadens im Fadenkreuzokular bewegt.
Blick durch ein Fadenkreuzokular mit Leitstern (links). Die Bewegungsrichtung der Montierungsachsen ist durch hellblaue Pfeile gekennzeichnet. Durch Drehung des Okulars im Okularauszug wird erreicht, dass die Bewegungsrichtung mit dem Fadenkreuz übereinstimmt (rechts).
Nun wird der Leitstern durch die Motoren der Montierung in die Mitte des Fadenkreuzes gebracht und die Geschwindigkeit der Motoren wieder verringert, am besten auf einfache (1x) oder halbe (0,5x) Sterngeschwindigkeit. Anschließend sollte man sich genau einprägen, welche der Tasten auf der Steuerung zu drücken ist, um den Stern nach links, rechts, oben und unten laufen zu lassen, um eine auftretende Sterndrift aus der Fadenkreuzmitte sofort und zielgerichtet ausgleichen zu können. Nach einer kurzen Übungsphase sollte dieser Zustand erreicht sein. Dann ist es soweit: Die Belichtung wird gestartet. Nach dem Öffnen des Kameraverschlusses muss der Leitstern ständig beobachtet werden.
Bewegt er sich aus der Mitte des Fadenkreuzes heraus, drücken Sie sofort die richtige Taste der Steuerung, um ihn wieder in die Mitte zurückzuführen. Bei Montierungen mit guten Nachführeigenschaften kann es vorkommen, dass Korrekturbewegungen nur selten nötig sind, bei Montierungen mit relativ ungenauem Antrieb sind möglicherweise Korrekturen im Intervall von nur wenigen Sekunden angebracht. Dann artet die manuelle Nachführkontrolle in Arbeit aus, die auf Dauer ein hohes Maß an Konzentration erfordert.
Die vier entscheidenden Tasten auf der Steuerung der Montierung für die manuelle Nachführkontrolle. Durch sie kann der Stern im Okular in jede Richtung bewegt werden, um erkannte Abweichungen des Leitsterns zu kompensieren.
Durch die hohe Vergrößerung des Fadenkreuzokulars und die lange Brennweite des Leitfernrohrs werden selbst geringste Abweichungen vom Idealzustand sichtbar, bevor diese zu einer strichförmigen Sternabbildung bei der Aufnahme führen. D.h., nicht jede kleine Abweichung des Leitsterns von seiner zentralen Position in der Fadenkreuzmitte verdirbt sofort das Foto. Trotzdem ist es natürlich sinnvoll, einer beobachteten Ungenauigkeit sofort mit entsprechenden Korrekturbewegungen zu begegnen. Erst nach dem Ende der Belichtung darf auch die Nachführkontrolle beendet werden.
Wenn mehrere Aufnahmen gemacht werden sollen, kann zwischen den Belichtungen jeweils eine kurze Pause zur Entspannung der Augen eingelegt werden. Mit etwas Übung und Erfahrung wird es durch die manuelle Nachführkontrolle gelingen, auch lange Belichtungszeiten zu realisieren, während die Kamera an einem Teleskop mit langer Brennweite angeschlossen ist. Die praktisch unvermeidbare Gangungenauigkeit der Montierungen während der motorischen Nachführung wird durch die Technik der manuellen Nachführkontrolle kompensiert, sodass im Idealfall die Sterne auf dem Foto exakt punktförmig abgebildet werden. Die maximal sinnvolle Belichtungszeit beim Einsatz digitaler Spiegelreflexkameras liegt bei etwa 15 bis 20 Minuten, je nach Kameramodell. Die manuelle Nachführkontrolle über einen solchen Zeitraum kann eine anstrengende Angelegenheit sein. Achten Sie daher auf einen bequemen Einblickswinkel in das Fadenkreuzokular und eine angenehme Einblickshöhe, sofern möglich. Für viele Himmelsobjekte reicht eine einzige Aufnahme mit der genannten Maximalbelichtungszeit nicht aus. Dann müssen mehrere Fotos angefertigt werden, die später addiert werden (s. Folge Nummer 16 der Reihe „Astro- und Himmelsfotografie“: „Das elektronische Bildrauschen in den Griff bekommen“).
Tipp: Der Fachhandel bietet als Ersatz für ein Leitfernrohr sogenannte Off-Axis-Guider an. Diese Geräte werden zwischen Fernrohr und Kamera angebracht und enthalten einen kleinen Spiegel, der das Licht eines Sterns weit abseits der optischen Achse, außerhalb des Sichtfeldes der Kamera, um 90 Grad ablenkt. Dadurch ist es theoretisch möglich, das Hauptfernrohr während der Belichtung auch als Leitfernrohr zu verwenden. Leider ist die Abbildungsqualität der meisten Fernrohre so weit abseits der Achse jedoch ziemlich schlecht, sodass kein sauberes Bild eines Leitsterns zu sehen ist. Zudem gestaltet sich die Suche nach einem Leitstern mit einem Off-Axis-Guider zu einer mühevollen Odyssee und endet meist damit, dass man unfreiwillig seinen gewählten Bildausschnitt verändern muss, damit überhaupt ein Leitstern gefunden werden kann. Selbst dann ist die Einblickposition oftmals unkomfortabel, ja teils nur durch Verrenkungen zu realisieren. In einer derartigen Körperhaltung wird eine manuelle Nachführkontrolle zur körperlichen Tortur.
Daher rate ich von der Anschaffung und Benutzung eines Off-Axis-Guiders ab.
2. Automatische Nachführkontrolle
Genau betrachtet ist die manuelle Nachführkontrolle eine ziemlich stupide Arbeit. Schnell reift dabei die Überzeugung, dass es doch möglich sein sollte, diese Tätigkeit durch technische Instrumente zu automatisieren. Die gute Nachricht ist: Es funktioniert, und zwar durch spezielle Digitalkameras, die als „Autoguider“ bezeichnet werden. Die schlechte Nachricht: Plug-And-Play-Lösungen existieren im Bereich des Autoguidings nicht, d.h. das Anstöpseln und Verkabeln reicht bei Weitem nicht aus, um einen Autoguider dazu zu bringen, das zu tun, was man von ihm erwartet.
Beim Autoguiding wird das Fadenkreuzokular des Leitfernrohrs durch eine Nachführkamera (Autoguider) ersetzt.
Es wird eine Anfangsphase einzukalkulieren sein, in der noch keine Astrofotos entstehen, sondern der Autoguider mit der verwendeten Montierung zum Laufen gebracht werden muss. Ohne Erfahrung sind dafür durchaus einige Stunden oder gar Nächte zu veranschlagen! Technisch funktioniert das Autoguiding folgendermaßen: Als Autoguider verwendet wird eine spezielle Digitalkamera oder eine Video- bzw. Webkamera. Der Sensor dieser Kameras ist in aller Regel sehr klein, seine Pixelzahl niedrig. Auf den Sensor des Autoguiders wird ein Stern projiziert, dessen Position durch eine Software ermittelt wird. In kurzen Intervallen wird der Sensor des Autoguiders ausgelesen und die Sternposition erneut vermessen.
Weicht der Leitstern von seiner ursprünglichen Position ab, ist die Software in der Lage, durch die Ansteuerung der Montierungsmotoren eine Gegenbewegung auszuführen und den Stern dadurch wieder auf seine Soll-Position zurückzuholen. Dazu ist es erforderlich, den Autoguider oder den Steuercomputer durch ein Kabel mit der Montierungssteuerung zu verbinden. Die Steuerung der Montierung ihrerseits muss über eine Autoguider-Schnittstelle, also eine Anschlussmöglichkeit verfügen.
Verkabelungsbeispiel (schematisch). Die DSLR ist mit einem USB-Kabel (dunkelrot, 2) mit dem PC verbunden. Der Autoguider nutzt zur Bildübertragung eine weitere USB-Schnittstelle des Rechners (blau, 3). Damit die Steuersoftware des Guiders Korrekturbewegungen der Montierung ausführen kann, ist ein weiteres Kabel (rot, 1) nötig, in diesem Fall eine serielle Verbindung (COM1). Da moderne Laptops oftmals keine serielle Schnittstelle mehr haben, hilft nur ein USB-Seriell-Adapter weiter. Je nach verwendeter Montierung und eingesetztem Autoguider kann die Verkabelung von diesem Schema abweichend sein.
Was sich in der Theorie ziemlich trivial anhört, erweist sich in der Praxis als durchaus anspruchsvolle Aufgabe. Es fängt damit an, dass Autoguider-Schnittstellen nicht genormt sind und zunächst darauf zu achten ist, dass ein passendes Kabel vorhanden ist. Auch die Pin-Belegung ist nicht festgelegt, ein Quasi-Standard ist die Kompatibilität mit dem Autoguider „SBIG ST-4“, gekennzeichnet zum Beispiel als „ST-4-kompatible Autoguider-Schnittstelle“.
Autoguider-Schnittstelle einer Montierungssteuerung (rechts) mit passendem Autoguider-Kabel (links).
Diese Steuerung (links) hat einen gänzlich anderen Stecker für den Autoguider-Anschluss und benötigt daher auch ein anderes Kabel (rechts):
„Stand-Alone-Autoguider“, also Geräte, die ohne einen angeschlossenen Computer auskommen, sind kaum noch im Handel verfügbar. Meist ist der Betrieb nur mit einem Computer (für den Feldeinsatz also einem Laptop) möglich. Die Inbetriebnahme umfasst dann folgende Schritte:
a) Leitstern im Leitfernrohr suchen und mithilfe eines Fadenkreuzokulars in die Mitte des Gesichtsfeldes bringen.
b) Einsetzen des Autoguiders anstelle des Fadenkreuzokulars.
Hier wird der „Lunar-Planetary-Imager“ von Meade als Autoguider genutzt. Zur Brennweitenverlängerung des Leitfernrohrs ist eine Barlow-Linse mit fünffachem Verlängerungsfaktor im Einsatz.
c) Fokussieren des Leitsterns durch die Autoguider-Software auf dem Laptop.
d) Wahl einer niedrigen Motorgeschwindigkeit an der Steuerung der Montierung (z.B. 1-fache Sterngeschwindigkeit).
e) Platzierung des Leitsterns etwa in der Mitte des Bildfeldes.
f) Start einer „Kalibrierungsroutine“ der Guiding-Software, die die Motoren der Montierung nun in alle Richtungen bewegt, die Bewegungsrichtung des Leitsterns dabei feststellt und auf diese Weise „lernt“, in welcher Weise sie die Montierung ansteuern muss, um den Leitstern in eine gewünschte Richtung auszulenken.
Bildschirmanzeige der Software „MaxIm DSLR“ (http://www.cyanogen.com) während der Kalibrierungsroutine. Vor dem Start befand sich der Stern an der Position, die durch den linken, grünen Pfeil gekennzeichnet ist. Während der Kalibrierung bewegen sich die beiden Achsen der Montierung nacheinander motorisch in eine Richtung (blaue Pfeile) und wieder zurück. Danach befindet sich der Stern wieder mehr oder minder an seinem Ursprungsort (rechter, grüner Pfeil). Dass er nicht wieder genau an der ursprünglichen Stelle landet, ist dem Totgang der Getriebe anzulasten (Getriebespiel). Nach der Kalibrierung „weiß“ die Software, welche Bewegungen sie ausführen muss, um den Leitstern in eine gewünschte Richtung auszulenken.
g) Start der Autoguiding-Funktion: Wenn alle Schritte ordnungsgemäß ausgeführt wurden, fertigt der Autoguider in schneller Folge eine Aufnahme nach der nächsten an, abhängig von der gewählten Belichtungszeit. Die optimale Belichtungszeit liegt zwischen zwei und fünf Sekunden und richtet sich in erster Linie nach der Helligkeit des Leitsterns.
Er darf nicht überbelichtet werden, um zu vermeiden, dass der Sensor des Autoguiders an der Stelle des Leitsterns in die Vollsättigung läuft. Andererseits muss er deutlich genug abgebildet werden, damit die Software seine genaue Position ermitteln kann.
Eine zu kurze Belichtungszeit birgt die Gefahr, dass der Leitstern durch die Luftunruhe ausgelenkt wird und der Guider versucht, dieser „Zappelbewegung“ zu folgen. Eine zu lange Belichtungszeit verwehrt dem Guider die Chance, auf eine plötzlich auftretende Gangungenauigkeit der Montierung schnell genug zu reagieren.
Die Software stellt nach jeder einzelnen Belichtung die Position des Leitsterns mit Subpixelgenauigkeit fest und kann so auf kleinste Abweichungen von der Soll-Position reagieren. Daher ist beim Autoguiding ein Leitfernrohr mit kürzerer Brennweite ausreichend. Hat das Leitrohr die halbe Brennweite des Hauptfernrohrs, genügt das bei einer optimalen Arbeitsweise des Autoguiders durchaus.
Stellt die Software eine Drift des Leitsterns fest, steuert sie durch die Antriebsmotoren der Montierung in Gegenrichtung und kompensiert damit die Ungenauigkeit der Nachführung. Nach dem Start der Guiding-Funktion sollte man dem System etwa eine Minute Zeit geben, um einen stabilen Zustand zu erreichen.
Dabei beobachtet man die Anzeige, die die Abweichungen des Leitsterns entweder als Zahlenreihe oder grafisch darstellt. Bewegen sich die Abweichungen im erwarteten Rahmen, können die Belichtungen gestartet werden.
Bildschirmanzeige der Software MaxIm während des Guidings. Rechts oben wird ein jeweils aktuelles Bild des aufgenommenen Leitsterns inklusive Fadenkreuz angezeigt. Unten trägt ein Graph die festgestellten Abweichungen des Leitsterns von seiner Soll-Position in beiden Achsen auf.
Leider ist es im Rahmen eines Tutorials nicht möglich, eine noch präzisere Schritt-für-Schritt-Anleitung zu verfassen, denn je nach verwendeter Autoguider-Kamera unterscheidet sich die Vorgehensweise im Detail zum Teil beträchtlich. Daher muss auf die Bedienungsanleitung der jeweiligen Kameramodelle verwiesen werden.
Dennoch einige allgemeine Tipps für ein erfolgreiches Autoguiding:
a) Viele Autoguider arbeiten nur oder zumindest besser, wenn man sie so anbringt, dass die Bewegungsrichtung der Montierungsachsen mit den Pixelreihen und –spalten übereinstimmt.
b) Der in der obigen Liste unter f) aufgeführte Punkt der Kalibrierung sollte wiederholt werden, sobald das Fernrohr auf eine andere Himmelsregion geschwenkt wird.
c) In vielen Fällen muss innerhalb der Software festgelegt werden, wie viele Sekunden der Autoguider während des Kalibrierungslaufs die Achsen bewegen soll, bevor die Position des Leitsterns erneut festgestellt wird. Diese Zeitspanne ist so zu bemessen, dass der Stern einerseits nicht die Sensorfläche verlässt, andererseits jedoch eine so starke Positionsveränderung erfährt, dass die Software die Richtung eindeutig feststellen kann und ein eventuelles Spiel im Getriebe der Montierung keinen großen Einfluss ausübt. Im Idealfall würde der Leitstern aus der Mitte des Sensors durch die Kalibrierungsroutine in die Nähe des Sensorrandes bewegt werden.
Mit den beiden Feldern „Calibration Time“ wird in MaxIm festgelegt, wie viele Sekunden die Software während der Kalibrierungs-Routine die Motoren der Montierung laufen lässt:
d) Die Steuersoftware vieler Autoguider enthält etliche Parameter, um das Guiding zu optimieren. Ein wichtiger Punkt ist die „Aggressivität“. Sie legt fest, ob bei einer festgestellten Drift des Leitsterns bereits im nächsten Schritt versucht wird, den Leitstern wieder an seinen ursprünglichen Ort zu bringen oder ob die Software versuchen soll, sich dem Soll-Wert in kleineren Schritten zu nähern. Bei einer zu hoch eingestellten Aggressivität kann es passieren, dass das sich System aufschaukelt und der Leitstern ständig um den Soll-Wert herum pendelt, weil es zu Überreaktionen kommt. Ist sie zu niedrig, kann eine anhaltende Drift in einer Richtung kaum kompensiert werden. D.h. hier ist durch praktische Erfahrung ein Mittelwert herauszufinden, der von den Eigenschaften der verwendeten Montierung und der Brennweite des Leitfernrohrs abhängig ist.
Einstellung der „Aggressivität“ im Guiding-Modul von MaxIm. Der Wert „8“ bedeutet, dass eine festgestellte Abweichung des Leitsterns von seiner Soll-Position bereits im nächsten Schritt zu 80 Prozent korrigiert wird. Eine hundertprozentige Korrektur führt oft zum Aufschaukeln des Systems.
Welche Kameras eignen sich als Autoguider?
Wer einen Stand-Alone-Autoguider sucht, der ohne angeschlossenen Computer auskommt, hat für ein Neugerät eigentlich nur eine Wahl: Baader LVI-SmartGuider, http://www.baader-planetarium.de/sektion/s21/s21.htm.
Der „LVI SmartGuider“ ist ein Stand-Alone-Guider“, der keinen PC/Laptop für den Betrieb benötigt.
Es sei nicht verschwiegen, dass es sich dabei um ein neu vorgestelltes Produkt handelt und noch keine fundierten praktischen Erfahrungen vorliegen. Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt zu diesem Gerät weder raten noch davon abraten.
Folgende Autoguider erfordern einen PC für den Betrieb:
Alccd ALccd 5 Autoguider http://www.astrolumina.de
Imaging Source: DMK 21AU04.AS u.a. Modelle, Videomodule http://www.astronomycameras.com.
DMK-Videokamera von ImagingSource. In den Paketen für Astrofotografen ist zwar eine Anschlusshülse für das Fernrohr dabei (rechts oben), jedoch keine Software, um die Kamera als Autoguider zu benutzen.
SBIG ST-402ME: CCD-Kamera http://www.sbig.de
Meade DSI 2 Deep Sky Kamera,
CCD-Kamera, diverse Modelle http://www.meade.de
Der „Deep Sky Imager PRO II“ von Meade ist eine CCD-Kamera für Astroaufnahmen, doch ihr Sensor ist im Vergleich zu dem einer DSLR klein. Wer sie als Autoguider einsetzen möchte, kann sich freuen, denn die notwendige Software ist im Lieferumfang enthalten.
Vor der Beschaffung eines dieser Kameramodelle ist zu klären, welche Kabel und vor allem welche Software für den Einsatz als Autoguider eventuell zusätzlich erforderlich sind. Als Vorteil dieser Kameras schlägt zu Buche, dass sie nicht nur als Autoguider, sondern auch als Kameras vorzugsweise für die Planetenfotografie (s. Folge Nummer 14 der Reihe „Astro- und Himmelsfotografie“: „Planeten mit der WebCam aufnehmen“) gute Dienste leisten können.
Die Klassiker der Stand-Alone-Autoguider sind die Modelle SBIG ST-4 und SBIG ST-V, die leider nicht mehr produziert werden. Als Gebrauchtkauf sind beide eine uneingeschränkte Empfehlung wert!
Nur noch als Gebrauchtgerät zu haben: die SBIG ST-4, ein altes, aber tüchtiges Arbeitspferd unter den Stand-Alone-Autoguidern. Die sechsstellige Anzeige ist das karge Benutzerinterface, das anfangs sehr gewöhnungsbedürftig ist.
Beispielaufnahmen
Sechs Meter Brennweite waren nötig, um den Kugelsternhaufen „Messier 13“ im Sternbild Herkules formatfüllend auf den Sensor einer Canon EOS 450D zu bannen. Belichtet wurde zehn Minuten lang bei ISO 400. Das Guiding erfolgte durch ein Leitfernrohr und eine SBIG ST-4-Autoguider-Kamera.
Dieses Foto des Orionnebels entstand mit einer für Astroaufnahmen modifizierten Canon EOS 400D. Die Gesamtbelichtungszeit betrug anderthalb Stunden bei ISO 800. Die Brennweite betrug 600 Millimeter bei Blende 1:6,0. Als Ersatz für das Leitfernrohr wurde ein 300-Millimeter-Fotoobjektiv verwendet, an das eine SBIG ST-4-Autoguider-Kamera angeschlossen werden konnte.
Auch dieses Bild der Andromeda-Galaxie wurde mit der modifizierten EOS 400D aufgenommen. Aufnahmeoptik war ein Linsenteleskop mit nur 60 Millimeter Öffnung und 350 Millimeter Brennweite. Belichtet wurde eine Stunde und 40 Minuten bei ISO 400. In Ermangelung eines Autoguiders wurde durch ein Leitrohr mit Fadenkreuzokular eine manuelle Nachführkontrolle ausgeübt.