Eine astronomische, parallaktische Montierung ist die Voraussetzung für scharfe Astrofotos mit langen Belichtungszeiten:

Teil 09 - Handhabung einer astronomischen Montierung

Teil 9: Handhabung einer astronomischen Montierung

Wird eine Kamera fest auf einem normalen Fotostativ befestigt, werden Himmelsobjekte nur dann scharf abgebildet, wenn die Belichtungszeit einen Maximalwert nicht überschreitet, der von der Brennweite, der aufgenommenen Himmelsregion, der Pixelgröße des verwendeten Aufnahmesensors und den persönlichen Ansprüchen an ein „scharfes“ Bild abhängt.

Bei 3000 Millimeter Brennweite beispielsweise muss schon bei Belichtungszeiten länger als 1/45 Sekunde mit einer unscharfen Darstellung gerechnet werden, wenn die Kamera der Bewegung des Himmels nicht folgt. Und selbst bei Verwendung eines 24-Millimeter-Weitwinkelobjektivs werden Sterne nach 10 Sekunden Belichtungszeit nicht mehr als Punkte, sondern als winzige Striche abgebildet.

Der Grund dafür ist die Rotation der Erde. Der Himmel scheint sich über unseren Köpfen von Ost nach West hinwegzudrehen. Folglich gehen nicht nur Sonne und Mond, sondern auch die Planeten und die Sterne im Osten auf und im Westen wieder unter. Dreh- und Angelpunkt dieser Bewegung ist der Himmelspol (auf der Nordhalbkugel der Himmelsnordpol, auf der Südhalbkugel der Himmelssüdpol). Das ist die Stelle am Himmel, an der die verlängerte Erdachse das „Himmelsgewölbe“ berührt, wenn man sich den Himmel als Halbkugel vorstellt. Bewohner der nördlichen Erdhalbkugel haben dabei einen Vorteil: Ganz in der Nähe des Himmelsnordpols steht als Orientierungshilfe der leicht auffindbare Polarstern, der auch als „Nordstern“ bezeichnet wird.

Der einzige Weg, um lange Belichtungszeiten zu realisieren und die Sterne trotzdem punktförmig abzubilden, ist, die Kamera während der Belichtungszeit der Himmelsdrehung nachzuführen. Dazu ist eine astronomische Montierung erforderlich, bei der eine Achse parallel zur Erdachse ausgerichtet wird.

Wird diese Achse dann während der Belichtung in der richtigen Geschwindigkeit bewegt, entstehen „nachgeführte“ Himmelsfotos. Üblicherweise erfolgt diese Bewegung durch einen Elektromotor. Eine astronomische Montierung wird auch als parallaktisch oder äquatorial bezeichnet.

Komponenten einer parallaktischen Montierung. Legende - siehe nachfolgende Übersicht:

Teil 09 - Handhabung einer astronomischen Montierung



• 1: Dreibeinstativ (Alternative: Säulenstativ)

• 2: Steuerung (im abgebildeten Fall: aufwendige Computersteuerung mit GoTo-Funktion und Objekt-Datenbank)

• 3: Einblickposition des Polsucherfernrohrs. Es befindet sich im Inneren der Stundenachse (4), deren Richtung durch die Pfeilorientierung angedeutet wird.

• 4: Stundenachse, die als einzige Achse angetrieben wird, wenn die Montierung der Himmelsdrehung folgt. Im unteren Ende steckt das Polsucherfernrohr (3), das obere Ende ist mit einem Deckel verschlossen, der abgenommen wird, wenn das Polsucherfernrohr benutzt wird.

• 5: Lage der Deklinationsachse, die ihre Fortsetzung in der Gegengewichtsstange (12) findet. Eine Bewegung um die Deklinationsachse findet während der Nachführung normalerweise nicht statt.

• 6: Schraubenpaar, das durch Druck und Gegendruck die Einstellung des Neigungswinkels (Polhöhe) der Stundenachse ermöglicht. Es wird zur Einnordung der Montierung verwendet. Ist die Montierung erst einmal eingenordet, werden diese Schrauben nicht mehr verstellt.

• 7: Schraubenpaar, das durch Druck und Gegendruck die Einstellung des Azimuts (horizontale "Blickrichtung" der Stundenachse) ermöglicht (die hintere Schraube ist auf der Abbildung nur schwer zu erkennen). Es dient zur Einnordung der Montierung. Ist die Montierung erst einmal eingenordet, werden diese Schrauben nicht mehr verstellt.

• 8: Hebelklemmung der Stundenachse.

• 9: Hebelklemmung der Deklinationsachse.

• 10: Schwalbenschwanzführung zur Aufnahme einer Prismenschiene, um ein Teleskop oder eine Kamera auf der Montierung zu befestigen.

• 11. Schraubenklemmung, die eine in die Schwalbenschwanzführung (10) eingeschobene Prismenschiene sichert.

• 12: Gegengewichtsstange (in der Abbildung ohne Gegengewicht).

Azimutale Montierung

Mit einem Fotostativ wäre eine solche Nachführung nicht zu bewerkstelligen, selbst dann nicht, wenn die Feinverstellung sehr sanft erfolgt. Es würde daran scheitern, dass sich das Bildfeld während einer längeren Belichtung um den Stern dreht, auf den nachgeführt wird, denn ein Fotostativ kann die Rotationsbewegung des Himmels nicht ausgleichen. Stellen Sie sich das Sternbild Orion vor: Es geht, auf der linken Seite „liegend“, im Osten auf, richtet sich bei seiner Höchststellung im Süden senkrecht auf und geht, auf der rechten Seite liegend, im Westen unter. Folgt man diesem Sternbild mit dem Fotostativ, würde die Kamera nur „auf- und abwärts“ bzw. nach rechts bewegt werden, ohne jedoch die Drehbewegung auszugleichen.

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Schematische Darstellung der Himmelsdrehung am Beispiel des Sternbildes Orion. Eine azimutal montierte, nachgeführte Kamera kann das Sternbild Orion nicht im Gesichtsfeld halten, und das Bildfeld dreht sich im Laufe der Zeit (rote Bildfeldrahmen). Ist die Kamera parallaktisch montiert, folgt sie einerseits der Bewegung des Orion und führt gleichzeitig auch eine Drehbewegung aus, sodass das erfasste Bildfeld konstant bleibt (gelbe Bildfeldrahmen).



Eine Montierung, die nur Auf- und Abwärtsbewegungen sowie Schwenks nach rechts und links kennt, wird als „azimutale“ Montierung bezeichnet und der parallaktischen gegenübergestellt. Ein Fotostativ stellt demnach eine einfache Form der azimutalen Montierung dar. Eine ihrer beweglichen Achsen steht gegenüber dem Erdboden senkrecht und erlaubt horizontale Schwenks, also Verstellungen des Azimuts. Die andere Achse verläuft parallel zum Erdboden und sorgt für die Beweglichkeit nach oben und unten, also der Höhe.

Eine azimutale Montierung ist für nachgeführte Himmelsaufnahmen nicht geeignet. Ausnahmen bilden die Montierungen moderner Großsternwarten. Dort wird in einem aufwendigen Verfahren während der Belichtung um die optische Achse gedreht, um der Bildfeldrotation entgegen zu wirken.

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Azimutale Montierung (links) und parallaktische Montierung (rechts). Bei der azimutalen Montierung stehen beide Bewegungsachsen senkrecht auf bzw. waagrecht zum Erdboden. Sie funktioniert wie ein Fotostativ. Die parallaktische Montierung (rechts) zeichnet sich durch die schräg stehende Stundenachse (Pfeil nach links oben) aus. Der Typ „deutsche Montierung“ benötigt Gegengewichte an der Deklinationsachse (Pfeil von links unten nach rechts oben).

Parallaktische Montierung

Parallaktische Montierungen gibt es in verschiedenen Ausführungen. Allen gemeinsam ist, dass eine Achse davon parallel zur Erdachse ausgerichtet wird. Sie wird Stundenachse genannt. Im Winkel von 90 Grad dazu muss es eine zweite Achse geben, die Deklinationsachse, um ein Fernrohr oder eine Kamera auf jeden Punkt des Himmels ausrichten zu können.

Für den Amateur stehen im Wesentlichen zwei Typen zur Verfügung; die sogenannte „Deutsche Montierung“ (benannt nach dem Land, in dem ihr Erfinder, der deutsche Optiker und Physiker Joseph von Fraunhofer wirkte), und die Gabelmontierung.

Zwei parallaktische Montierungen: die Gabelmontierung (links) und die „deutsche Montierung“ (rechts). Die eingezeichneten roten Pfeile geben die Lage der Stundenachse an.

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Deutsche Montierung

Sie besteht aus einem Achsenkreuz und ist dadurch gekennzeichnet, dass auf der einen Seite der Deklinationsachse das Fernrohr oder die Kamera sitzt, während auf der anderen Seite ein Gegengewicht für die Balance sorgt. Insbesondere bei Astrofotografen ist dieser Typ sehr beliebt und verbreitet, weil die Stundenachse leicht auf den Himmelspol ausgerichtet werden kann. Zudem ist das Angebot an deutschen Montierungen reichhaltig: Alle Gewichts- und Preisklassen sind vertreten, und die allermeisten davon können einzeln und nicht nur in Verbindung mit einem Teleskop erworben werden. Als Nachteil schlägt zu Buche, dass bei Verwendung eines Fernrohrs dieses bei der Verfolgung eines Motivs am Stativ oder an der Säule anschlagen kann, was ein Umschwenken von der West- in die Ostlage (oder umgekehrt) erforderlich macht.

Gabelmontierung

Gabelmontierungen werden praktisch nur in Verbindung mit Teleskopen vom Handel angeboten. Als parallaktische Ausführung muss die gesamte Gabel gekippt werden, damit ihre Stundenachse auf den Himmelspol zeigt, was eher ungünstige mechanische Verhältnisse schafft. Die meisten Gabelmontierungen für den Amateurmarkt zeigen tatsächlich ein ausgeprägtes Schwingungsverhalten, daher findet man sie im astrofotografischen Einsatz eher selten. Im Gegensatz zur deutschen Montierung ist als Vorteil der Gabelmontierung zu erwähnen, dass ein Himmelsobjekt die ganze Nacht verfolgt werden kann, ohne dass ein Teleskop oder die Kamera gegen ein Hindernis (Stativ/Säule) zu stoßen droht, ein Umschwenken daher also nicht nötig wird.

Peripherie

Wenn man als Montierung die reine Achsenmechanik betrachtet, sind weitere Komponenten nötig, um daraus eine für Astrofotografie funktionsfähige Einheit zu machen:

1. Stativ/Säule

Ein Dreibeinstativ hat im mobilen Einsatz Vorteile, weil es praktisch überall aufgestellt werden kann. Eine Säule bietet mehr Bewegungsfreiheit für ein Fernrohr, steht aber nur auf ebenem Untergrund sicher. Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, es sollte auf eine hohe Stabilität geachtet werden. Letztlich wird das schwächste Glied in der ganzen Kette die Stabilität und damit auch die maximale Nachführgenauigkeit limitieren.

2. Motoren

Manche Montierungen werden mit bereits installierten Motoren ausgeliefert, bei anderen müssen sie hinzugekauft werden. Für kurze Belichtungszeiten reicht im Grunde der motorische Antrieb der Stundenachse, d. h., auf einen zweiten Motor für die Deklinationsachse kann verzichtet werden. Bei längeren Belichtungszeiten können unter Umständen auch Korrekturbewegungen der Deklinationsachse nötig werden, sodass zwei Motoren – für jede Achse einen – zu empfehlen sind. Die meisten Montierungen arbeiten mit Schrittmotoren, die mit Mikroschritten laufen und über eine Schnecke und einen Zahnkranz die Montierungsachsen bewegen. Eine andere Lösung sind Servomotoren.

3. Steuerung

Jede Montierung benötigt eine Steuerung. Fehlt sie im Lieferumfang, muss sie zusätzlich erworben werden. Aufgabe der Steuerung ist die Versorgung der Motoren mit Spannung und Antriebsimpulsen. Zusätzlich bietet sie die mehr oder weniger schnelle und feine motorische Bewegung der Montierung in alle Richtungen über vier Tasten an.



Neben diesen fundamentalen Funktionen bieten manche Steuerungen weitere Ausstattungsmerkmale:

• Änderung der Nachführgeschwindigkeit (neben siderisch, also auf die Sterne, wahlweise auch für Sonne und Mond)

• Autoguider-Anschluss: eine Buchse, um mithilfe einer speziellen Digitalkamera, die Autoguider genannt wird, in den Lauf der Montierung regulierend eingreifen zu können, falls das nötig sein sollte. Wer mit langen Brennweiten und langen Belichtungszeiten arbeitet, wird früher oder später die „Nachführkontrolle“ einem Autoguider überlassen wollen und auf die Ausstattung der Steuerung mit einem Autoguider-Anschluss Wert legen.

• GoTo-Funktion: In Verbindung mit schnellen Motoren ermöglicht eine GoTo-Steuerung die automatische Positionierung der Montierung auf ein Himmelsobjekt Ihrer Wahl. Für den Astrofotografen spielt die GoTo-Funktion keine entscheidende Rolle, sodass ein begrenztes Budget im Zweifelsfall in eine stabilere Montierung investiert werden sollte.

Handsteuerbox einer Fernrohrmontierung: Jeweils zwei Tasten erlauben die motorische Verstellung der Stundenachse (1) sowie der Deklinationsachse (2), um das Fernrohr exakt auf ein Himmelsobjekt auszurichten. Mit einem Schiebeschalter an der Seite (3) kann die Steuerung ein- und ausgeschaltet und der Betrieb auf der Nord- oder Südhalbkugel der Erde selektiert werden. Mit dem Schalter 4 wird die Bewegungsgeschwindigkeit der Motoren bei Benutzung der Tasten 1 und 2 festgelegt.

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4. Polsucherfernrohr

Dabei handelt es sich um ein Minifernrohr, das in die hohle Stundenachse der Montierung eingeschraubt wird und die schnelle und bequeme Einnordung (siehe unten) ermöglicht.

Simulierter Blick durch ein Polsucherfernrohr. Der blaue Himmel entspricht dem Anblick in der fortgeschrittenen Dämmerung. Die im Okular sichtbaren Elemente werden durch eine rote LED beleuchtet, können also auch noch vor schwarzem Himmel erkannt werden. Deutlich zu sehen ist die Soll-Position des Polarsterns (Polaris), der an der entsprechenden Stelle in der Abbildung zu sehen ist. Die Abweichung des Polarsterns vom wahren Himmelspol (Mitte des Gesichtsfeldes) wird dabei automatisch berücksichtigt. Die eingezeichneten Sternbilder weisen nur auf die Richtungen hin und werden im Polsucherfernrohr nicht sichtbar.

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5. Stromversorgung

Gängig ist der Betrieb von Montierungen mit 12 Volt Gleichstrom. Für den mobilen Einsatz ist daher ein Batteriepack bzw. ein entsprechender Akku zu beschaffen.

6. Montageschiene

Um ein Fernrohr oder eine Kamera auf einer Montierung zu befestigen, sind meistens noch weitere Kleinteile notwendig. Viele Montierungen verfügen als Anschlussplattform eine Schwalbenschwanzführung. Fernrohr- oder kameraseitig ist dann eine passende Prismenschiene vorzusehen. Wenn eine Kamera angebracht werden soll, ist ein stabiler Kugelkopf eine gute Ergänzung.

Aufstellung

Eine parallaktische Montierung muss so aufgestellt werden, dass die Stundenachse auf den Himmelspol (also in die Nähe des Polarsterns) zeigt. Dieser Prozess wird als „Einnordung“ bezeichnet.

Am leichtesten gelingt die Einnordung mittels eines Polsucherfernrohrs. Voraussetzung dafür ist, dass der Himmelspol und der Polarstern von Beobachtungsort aus zu sehen und nicht etwa durch einen Baum oder ein Haus verdeckt sind. Das Polsucherfernrohr blickt durch die hohle Stundenachse und zeigt beim Durchschauen eine Markierung, die die Sollposition des Polarsterns darstellt.

Dabei wird auch die Abweichung des Polarsterns vom wahren Himmelspol, die derzeit rund anderthalb Vollmonddurchmesser beträgt, berücksichtigt. Je nach Ausführung der Montierung und des Polsucherfernrohrs muss lediglich die aktuelle Stellung des Polarsterns relativ zum Pol eingestellt werden, denn dieser kreist ja auch einmal pro Tag um den Pol herum.

Dann muss nur noch die Neigung (Polhöhe) und die Blickrichtung der Polachse (Azimut) so lange verstellt werden, bis der Polarstern im Polsucherfernrohr an der vorgesehenen Stelle zu sehen ist. Die Neigung der Polachse entspricht dabei der geografischen Breite des Beobachtungsortes, also etwa 50 Grad für Frankfurt/M. Eine gute Montierung erlaubt das feinfühlige Einstellen der Polachsenneigung für eventuelle Korrekturen. Die Blickrichtung wird durch eine ebenfalls feinfühlig arbeitende Azimutverstellung erledigt.

Um die „Blickrichtung“ der Stundenachse, also das Azimut, zu verstellen, müssen zwei Handschrauben bewegt werden, die durch Druck und Gegendruck auf einen Dorn der Stativplatte einwirken und die feinfühlige horizontale Ausrichtung der Montierung im Zuge der Einnordung gestatten.

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Auch der Neigungswinkel der Stundenachse, also die Einstellung der Polhöhe, erfolgt durch zwei Handschrauben, die mit Druck und Gegendruck arbeiten. Dieser Neigungswinkel entspricht der geografischen Breite des Beobachtungsortes und muss nur im Zuge der Einnordung einmalig verstellt werden.

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Selbst mit längeren Brennweiten und längeren Belichtungszeiten ist die Einnordung mithilfe eines justierten Polsucherfernrohrs genau genug. Für kurze Belichtungszeiten mit kürzeren Brennweiten reicht es sogar aus, wenn der Polarstern einfach in die Mitte des Gesichtsfeldes vom Polsucherfernrohr positioniert wird.

Nur bei hohen Ansprüchen an die Präzision der Einnordung, wie sie bei sehr langen Belichtungszeiten, langen Brennweiten, stationären Sternwarten oder der bestmöglichen Positionierungsgenauigkeit von GoTo-Montierungen erforderlich sein kann, empfiehlt sich zum Einnorden die Methode nach „Scheiner“. Sie setzt voraus, dass ein Fernrohr und ein Fadenkreuzokular zur Verfügung stehen. Eine ausführliche Beschreibung dieser zeitraubenden Prozedur ist zu finden unter:

http://www.baader-planetarium.de/montierungen/download/scheiner-klassic.pdf

Nach der Einnordung wird die Montierung beladen, d. h., Gegengewicht, Fernrohr und/oder Kamera werden angebracht. Nun gilt es, die Stunden- und die Deklinationsachse auszubalancieren. Im Idealzustand bleibt die Montierung dann in ihrer Position stehen, ohne dass die Achsen geklemmt sind, egal, auf welchen Punkt des Himmels sie ausgerichtet wird.

Dazu wird ein montiertes Fernrohr so ausgerichtet, dass es exakt nach Süden (oder nach Norden) zeigt und dort auf den Horizont gerichtet ist, d. h., es befindet sich in waagrechter Position. Zunächst wird das Gegengewicht auf der Gegengewichtsstange so lange axial verschoben, bis die Montierung auch ohne Klemmung der Stundenachse in ihrer Position verharrt.

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Blick von Süden auf die Montierung. Das Fernrohr mit Kamera (rechts) wurde auf einen Punkt am Horizont im Norden ausgerichtet. Durch axiales Verschieben der Gegengewichte (links) wird ein Gleichgewicht hergestellt, sodass das Fernrohr selbst bei nicht festgeklemmter Stundenachse in dieser Position stehen bleibt.

Dann wird die Klemmung der Stundenachse angezogen und das Fernrohr in seinen Rohrschellen (bzw. durch Längsverschiebung der Prismenschiene in ihrer Halterung) entlang seiner optischen Achse bewegt, bis auch die Deklinationsachse im Gleichgewicht ist.

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Blick von Osten auf die Montierung. Das Fernrohr mit Kamera (hinten) wurde auf einen Punkt am Horizont im Süden ausgerichtet. Durch Verschieben der Prismenschiene (alufarbene Leiste mit Löchern) in der Schwalbenschwanzführung oder durch Verschieben des Teleskops in seinen Rohrschellen entlang des rot eingezeichneten Doppelpfeils wird wiederum ein Gleichgewicht hergestellt. Danach bleibt das Teleskop in dieser Position stehen, selbst wenn die Klemmung der Deklinationsachse gelöst wird.



Nicht immer ist es möglich, diesen Idealzustand zu erreichen. Dann sollten Sie aber versuchen, ihm wenigstens so nahe wie möglich zu kommen. Das Ziel der Ausbalancierung ist, dass die Motoren bei der Bewegung der Montierung möglichst wenig Arbeit verrichten müssen. Bei starkem Ungleichgewicht ist außerdem damit zu rechnen, dass die motorische Nachführung nicht mehr mit der erforderlichen Präzision arbeitet.

Im Anschluss an diesen Schritt verfügen Sie über eine funktionsfähige Anlage, um die Kamera dem Lauf der Gestirne nachzuführen, ohne dass die Erdrotation bei Langzeitbelichtungen strichförmige Abbildungen der Sterne verursacht.

Schließen Sie dazu die Steuerung der Montierung an und versorgen Sie sie mit Spannung. Stellen Sie sicher, dass die Nachführgeschwindigkeit auf „siderisch“ oder „Stern“ steht, wenn Sie andere Himmelsobjekte als Mond und Sonne aufnehmen. Falls die Steuerung den Betrieb der Montierung auch auf der Südhalbkugel der Erde zulässt, muss „Norden“ eingestellt werden, andernfalls dreht sich die Stundenachse in der falschen Richtung. Nun lösen Sie die Klemmen der Stunden- und Deklinationsachse und richten Sie Ihr Teleskop und/oder Ihre Kamera auf die gewünschte Himmelsregion, anschließend ziehen Sie beide Klemmen wieder mit sanftem Druck an. Warten Sie vor dem Start der ersten Belichtung einige Sekunden, um der Antriebsschnecke Zeit zu geben, satt in die Zähne des Zahnkranzes einzugreifen.

Die nächsten beiden Folgen der Tutorial-Reihe „Astro- und Himmelsfotografie“ werden sich mit den Themen „Langzeitbelichtungen bei nachgeführter Kamera“ und „Nachführkontrolle während einer Langzeitbelichtung“ beschäftigen.

Transport

Während des Transports einer astronomischen Montierung sollten die Gegengewichte abgenommen und die Klemmen der Stunden- und Deklinationsachse gelöst werden. Das schont die Mechanik bei auftretenden Erschütterungen.

Beispiele für fototaugliche Montierungen

Wenn es auf die Reduzierung von Gepäckmaßen ankommt, ist die „AstroTrac 320x“-Montierung kaum zu schlagen. Dabei handelt es sich um einen Aufsatz für Fotostative, im Bild um den alufarbenen Teil. Optional kann diese Montierung sogar mit einem Polsucherfernrohr (links oben) ausgerüstet werden, allerdings wird das Vorhandensein eines Stativs und eines Stativkopfes vorausgesetzt.

Sie eignet sich zum Nachführen von Kameras mit Objektiven bis etwa 300mm Brennweite und allenfalls für sehr kleine und leichte Teleskope. Ein Batteriepack speist den Motor für die Nachführung. Zusammengelegt ist die Montierung so groß wie ein Warndreieck im Auto, nur ihr Preis ist leider ziemlich hoch (ab 625 Euro).

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Die „Skywatcher EQ-3“ stellt die absolute Untergrenze für nachgeführte Aufnahmen bei klassischen Fernrohrmontierungen dar, wenn sie – wie im nächsten Bild zu sehen – mit Motoren ausgestattet ist. Allenfalls kleinste Fernrohre kommen als „Nutzlast“ infrage, eher eine Kamera mit Fotoobjektiven und nicht zu lange Brennweiten. Für Aufnahmen mit moderaten Brennweiten und einigen Minuten Belichtungszeit ist sie aber durchaus eine geeignete Plattform, die inklusive Stativ, Motoren und Steuerung für ca. 230 Euro zu haben ist.

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Deutlich stabiler ist die „Celestron Advanced GT“ mit GoTo-Steuerung. Sie trägt auch Teleskope mittlerer Größe und Brennweite. Bei fotografischen Ansprüchen im Zuge von Langzeitbelichtungen darf sie aber nicht überladen werden; denn bei sehr langen Brennweiten ist die Präzision der Nachführung nicht ausreichend. Als Komplettangebot mit Stativ, Polsucherfernrohr und GoTo-Steurung kostet diese Montierung ca. 750 Euro.

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Die "Vixen GPD2" ist ein echtes „Arbeitspferd“ und in jeder Hinsicht fototauglich und eine Empfehlung wert. Preiswert ist sie nicht und in der Grundausstattung fehlen sogar die Motoren, aber sie trägt etwa 8 kg Nutzlast (ohne Gegengewicht) klaglos und erfüllt mit ihrer mechanischen Präzision alle Anforderungen an eine fotografische Nutzung. Das „nackte“ Achsenkreuz ohne Stativ, Steuerung, Motoren, aber mit sehr präzisem, beleuchtbarem Polsucherfernrohr kostet 800 Euro. Eine Komplettausstattung mit schnellen Motoren, GoTo-Steuerung, Holzstativ kann sich auf 1800 Euro aufsummieren.

Teil 09 - Handhabung einer astronomischen Montierung

Die „1200 GTO“ von Astro-Physics ist eine extrem schwere, aber dennoch noch einigermaßen transportable Montierung, da sich der Deklinationsblock von der Polhöheneinheit trennen und separat transportieren lässt. Beide zusammen wiegen nämlich ohne Zubehörteile bereits über 50 Kilogramm. Gut aufgehoben ist diese Montierung in einer stationären Sternwarte, ihre Tragkraft beträgt fast 65 Kilogramm ohne die Gegengewichte! Für die Montierung ohne Zubehör, aber mit GoTo-Steuerung, ist ein fünfstelliger Euro-Betrag zu veranschlagen.

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