Teil 1: Einleitung
Meine „Philosophie“ Entwicklungsstadien Kinder als (Profi-) Models?
Teil 2: Die geeignete Ausrüstung
Teil 3: Das fröhliche Fotoshooting
Teil 4: Vom Babybauch zum Teenager
Teil 5: Indoor fotografieren
Teil 6: Fotos im Freien
Teil 7: Familienleben
Teil 8: Tipps und Tricks (I)
Teil 9: Tipps und Tricks (II)
Teil 10: Kinderfotos archivieren, bearbeiten und präsentieren
Text: Jens Brüggemann
Fotos: Jens Brüggemann (147), Leonie Ebbert (44), Elli Bezensek (61), Radmila Kerl (26), Ramona Prosch (5), Kay Johannsen (4)
Skizzen: Jens Brüggemann (27)
Teil 1: Einleitung
Die Fotografie von Kindern ist ein schöner, aber gleichzeitig auch schwieriger Bereich. Schön, weil nur wenige Dinge so wundervoll sind wie das Lachen von (herumtollenden, glücklichen, spielenden) Kindern.
Schön auch deshalb, weil Kinder ab einem gewissen Alter und solange sie Spaß am Fotografiertwerden haben, voller Eifer und Begeisterung bei der Sache sind. Es sind die dankbarsten Modelle, denn normalerweise fühlen sie sich geschmeichelt, wenn sie fotografiert werden (und freuen sich hinterher über nahezu jedes einzelne Foto)!
(Foto: Radmila Kerl)
Schwierig ist die Fotografie von Kindern, weil die jungen Modelle in der Regel weniger geduldig als die Erwachsenen sind. Das Motivieren der Kids ist daher eine der Hauptaufgaben des Fotografen.
Schwierig ist die Kinderfotografie aber auch deshalb, weil Kinder immer in Bewegung sind und an uns Fotografen daher ganz besondere Anforderungen gestellt werden, die denen von Action- oder Sportfotografen gleichen.
(Foto: Ramona Prosch)
Meine „Philosophie“
Vorweg ein paar Anmerkungen zur Fotografie im Allgemeinen. Mit dem Aufkommen der Digital-Fotografie hat sich auch der Arbeitsablauf („Workflow“) des Fotografen grundlegend gewandelt. Auch wenn es schon zu Analog-Zeiten, als noch auf Filmmaterial fotografiert wurde, die Bildretusche und -bearbeitung am Computer gab, hat sich das „Photoshopping“ so richtig erst durchgesetzt, als nahezu jedermann den Computer brauchte, um die digital fotografierten Bilder überhaupt erst verfügbar und sichtbar zu machen.
Der Computer gehört heute zum Arbeitswerkzeug eines Fotografen (und da spielt es auch keine Rolle, ob diese Tätigkeit haupt-, nebenberuflich oder als Hobby ausgeübt wird) unweigerlich dazu; nicht weniger als Kamera und Objektive. Die meisten Fotografen verbringen mehr Zeit am Computer als hinter der Kamera!
(Foto: Jens Brüggemann)
Doch wird die Zeit am Computer auch immer mit sinnvollen Tätigkeiten verbracht? Nach meinen Erfahrungen muss ich befürchten: nein. Nicht selten erlebe ich auf den von mir durchgeführten Workshops, dass trotz Fehlern im Bildaufbau oder störender Elemente im Hintergrund bewusst weiterfotografiert wird. Beispielsweise wird oberhalb des Kopfes bei Porträts unnötig viel „Luft“ gelassen, bis zu einem Drittel des Gesamtbildes; oder eine achtlos weggeschmissene Cola-Dose wird neben dem Modell belassen, anstatt diese kurz wegzunehmen oder zumindest beiseitezulegen außerhalb des Bildausschnitts.
Als Begründung für das Weiterfotografieren wird dann angeführt, diese (durchaus wahrgenommenen) Fehler erst hinterher, bei der Nachbearbeitung am Computer, beseitigen zu wollen …
Bildbearbeitungsprogramme, allen voran Adobes Photoshop, sind „mächtige“ Werkzeuge; man kann wahnsinnig viele tolle Dinge mit ihnen machen. Aber man kann auch allerhand nutzlose und „kitschige“ Bearbeitungen durchführen, und der größte Fehler, der von vielen Fotografen begangen wird, ist die viel zu extensive Bearbeitung ihrer Fotos am Computer.
Man darf den Bildern nicht ansehen, dass sie bearbeitet sind, meint auch meine Assistentin Leonie.
In meinen Augen ist es einfacher, schneller und sinnvoller, Fehler bereits bei der Aufnahme zu vermeiden! Mit ein wenig Ehrgeiz und Lernwillen kann man innerhalb weniger Monate handwerklich so perfekt fotografieren, dass man sich bei der Bildbearbeitung auf die Dinge konzentrieren kann, die kreativ sind, die Spaß machen, die man nicht durch bessere Ausschnittwahl oder andere einfache Mittel bereits während der Fotosession erzielen konnte.
Wem macht es denn schon ehrlich Spaß, eine verrostete Cola-Dose auf sämtlichen Fotos wegzuretuschieren?
Sinnvoll hingegen und „erlaubt“ sind kreative Arbeiten am Computer, die dazu führen, die Fotos wirklich zu tunen, sie so zu verändern, dass zum Beispiel künstliche Welten entstehen, oder dass die Farben für einen künstlerischen Ausdruck verändert werden, oder vieles mehr.
(Foto: Elli Bezensek)
Die Devise sollte lauten: „So wenig wie möglich, so viel wie nötig.“
Des Weiteren stelle ich häufig fest, dass viele Fotografen „Technik-blind“ sind. Sie konzentrieren sich nahezu ausschließlich auf ihre Kameras mit den 4328 verschiedenen Funktionen und vergessen darüber hinaus völlig, worauf es in der Fotografie überhaupt ankommt: nämlich auf das Sehen, auf das Hinsehen, auf den besonderen Moment, den entscheidenden Augenblick. Auch und insbesondere bei der Fotografie von Kindern!
(Foto: Jens Brüggemann)
Entwicklungsstadien
Nicht nur für die eigenen Eltern ist der „Werdegang“ eines Kindes interessant, auch Außenstehende werden die Veränderungen, die ein Kind im Laufe der ersten Lebensjahre durchläuft, voller Interesse verfolgen.
(Foto: Jens Brüggemann)
Dabei geht es hierbei nicht nur um die Veränderungen des Aussehens der Kleinen, auch Fortschritte in der physischen und geistigen Entwicklung sollten (sozusagen als „Highlights“ des Erwachsen- beziehungsweise Selbstständigwerdens) festgehalten werden.
(Foto: Leonie Ebbert)
Doch auch wenn dieser geradezu „dokumentarische“ Charakter von nahezu wissenschaftlichem Wert sein kann, sollten Sie immer daran denken, dass es Ihnen in erster Linie um die Anfertigung besonders gelungener Aufnahmen Ihres Sprösslings (oder auch fremder Kinder) geht. Eine wissenschaftlich-korrekte Fotografie, die langweilig (weil rein dokumentarisch) ist, wird von uns nicht angestrebt.
Zu groß ist unser Ehrgeiz, Fotos zu erstellen, die, unabhängig vom Inhaltlichen, allein schon aufgrund ihrer kreativen Sichtweise und Gestaltung ein Genuss fürs Auge sind.
(Foto: Leonie Ebbert)
Kinder als (Profi-) Models? Eine kritische Betrachtung
Natürlich sind Eltern - zu Recht! - stolz darauf, wenn ihre Kinder fotogen und nahezu professionell in die Kameras der fotografierenden Väter, Mütter, Opas, Omas, Onkels oder Tanten lächeln. Aber nicht aus jedem Sprössling kann ein Supermodel werden. Und möchte man das (als Elternteil) überhaupt?
Was wird denn aus all den Kinderstars? Ist es überhaupt gut für den Werdegang der Kleinen, wenn sie schon als Kinder, statt im Wald herumzutollen, von Shooting zu Shooting gefahren werden? Nimmt man ihnen damit nicht ein Stück Kindheit?
(Foto: Jens Brüggemann)
Sicherlich macht es vielen Kids Spaß, sich zu verkleiden und vor der Kamera zu stehen. Anfangs. Aber wenn das neue „Spiel“ zur Arbeit wird, zur Pflicht, wenn Termine eingehalten werden müssen und das Kindermodel „funktionieren“ muss, auch wenn es gerade keine Lust auf Fotos hat, spätestens dann sollte jedem klar sein, dass es Wichtigeres und für die Entwicklung des Kindes förderlichere Dinge gibt, als sie von Katalogshooting zu Katalogshooting zu hetzen.
(Skizze: Jens Brüggemann)
Ich würde meinem Sohn niemals zumuten, regelmäßig „professionell“ vor der Kamera zu stehen. Und vermutlich ist es für ihn schon schlimm genug, wenn „Papa“ regelmäßig bei jeder Familienfeier, jedem Ausflug, jedem Urlaub seine Digitalkamera dabeihat und auch ausgiebig benutzt …
(Foto: Leonie Ebbert)