Konzertfotografie: Der richtige Ton

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

Alle Videos des Tutorials Konzertfotografie: Der richtige Ton

Hier eine Übersicht über die einzelnen Kapitel:

Teil 01 - "Traumberuf" Konzertfotograf?

Teil 02 - Rechtliche Fragestellungen

Teil 03 - Besonderheiten Konzertfotografie

Teil 04 - Das Verhalten im „Graben“

Teil 05 - Die sinnvolle Ausrüstung für Konzertfotografen

Teil 06 - Tipps und Tricks der (Konzertfotografie-) Profis

Teil 07 - Bildgestaltung (Teil 1)

Teil 08 - Bildgestaltung (Teil 2)

Teil 09 - Empfehlenswerte Kamera-Einstellungen

Teil 10 - Die Nachbereitung

Abbildung 2-1: Als erfahrener Fotograf staunt man immer wieder über den „Mut“ vieler Konzertbesucher/innen, die sorgenfrei mit ihren Handy-Kameras – unerlaubterweise – Fotos (und auch Videos) vom Konzert schießen. Und – was aus rechtlicher Sicht noch viel schlimmer ist – diese auch wahllos auf facebook, Youtube und anderen Internetplattformen verbreiten … Nikon D800 mit 2,8/70-200mm Nikkor bei verwendeter Brennweite 170mm. 1/200 Sekunde, Blende 4,5, ISO 800.

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

(Foto © 2013: Jens Brüggemann, www.jensbrueggemann.de)

Erfahrene Konzertfotografen können „ein Lied davon singen“, wie schwierig oftmals die Verhandlungen mit den Konzertveranstaltern sind, der selbst wiederum in Verhandlungen mit den Künstlern – oder deren Management – stehen. Konzertveranstalter geben also regelmäßig nur die Restriktionen weiter, die sie von der Künstlerseite auferlegt bekommen haben. Viel Spielraum haben sie oftmals nicht.

Abbildung 2-2: Kylie Minogue im Konzert auf der Aphrodite-Les Folies Tour 2011 am 1. März 2011 in Berlin. Diese Sängerin, respektive ihr Management, gehört laut Insidern mit zu den „schwierigsten“ Verhandlungspartnern, wenn es um die Erteilung einer Fotoerlaubnis (und die spätere Veröffentlichung der Fotos) geht. Es gilt die Faustregel (mit einigen wenigen löblichen Ausnahmen wie zum Beispiel U2, Scorpions, Westernhagen und andere): je bekannter die Künstler, desto schwieriger die Verhandlungen über die Fotoerlaubnis und die Veröffentlichung der Fotos. Wenn einem Star (oder dem Management) es nicht passt, dass fremde Profifotografen beim Konzert fotografieren, wird das Anfertigen von Fotos auch mal kurzerhand unterbunden.

Zum Zuge kommt dann ein „hauseigener“ Fotograf, der somit Fotos vom Konzert exklusiv anbieten kann – natürlich nach Absprache mit dem Management (welches mittels Vetorecht die missfälligen Fotos vorher aussortieren kann). Canon EOS-1D Mark IV mit EF 2,8/400mm L IS USM. 1/250 Sekunde, Blende 2,8, ISO 1000.

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

(Foto © 2011: DAVIDS/Sven Darmer – www.svendarmer.de)

„Eine besondere Form der Knebelung ist jedoch, dass die Bilder nur an ein Medium, also eine Zeitung gegeben werden dürfen, nach einer bestimmten Zeit aus dem Archiv zu entfernen sind und/oder vor Veröffentlichung dem Management zur Freigabe vorgelegt werden sollen. Zensur.“ (Konzertfotograf Sven Darmer, im Fotolehrbuch „Konzertfotografie“ von Brüggemann, Becher, Meister, Darmer, Lippert; mitp Verlag, 1. Auflage 2012).

Warum können aber die Künstler – über den Umweg der Konzertveranstalter – ihre Forderungen einseitig so stark gegenüber den Fotografen durchsetzen? Schließlich gibt es doch die Pressefreiheit, die eine unzensierte Berichterstattung ermöglichen soll. Um die rechtliche Seite dieser für Fotografen unvorteilhaften Konstellation (Künstler oder deren Management verhandeln über den Konzertauftritt mit dem Konzertveranstalter, der dann als Verhandlungspartner mit den Fotografen die Bedingungen festlegt, unter denen fotografiert werden kann) zu verstehen, muss man die Wirkungsweisen vom „Recht der abgebildeten Person am eigenen Bild“ und „Hausrecht“ verstehen, weshalb im Folgenden beide etwas ausführlicher erläutert werden.

Abbildung 2-3: Robbie Williams (hier beim Gratis-Konzert am 23. Oktober 2009 in Berlin) hat mittlerweile, seit er mit seiner Freundin/Frau Aida Fields zusammen ist, die Knebelverträge wieder abgeschafft. Vor wenigen Jahren hatten Aufnahmen wie diese aber noch Seltenheitswert, denn es war schwierig, an eine Akkreditierung zu kommen.

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

(Foto © 2009: DAVIDS/Sven Darmer – www.svendarmer.de)

2.1 Das Recht der abgebildeten Person am eigenen Bild

Wie würdet ihr euch fühlen, wenn ihr eines Tages, beim Einkauf im Supermarkt an der Kasse, eine Zigaretten-Packung entdecken würdet, die euer Konterfei trägt? Und darunter steht (sinngemäß und in Anführungszeichen, um ein Original-Zitat des Abgebildeten, also von euch, vorzutäuschen): „Ich rauche für mein Leben gern XYZ-Zigaretten! Nur diese geben mir Selbstbewusstsein und machen mich glücklich!“ Würdet ihr begeistert sein? Oder würdet ihr euch ausgenutzt fühlen? Denn schließlich wurdet ihr nicht gefragt, ob ihr Werbung für eine Zigarettenmarke machen möchtet; und Honorar habt ihr auch nicht bekommen …

Und wie sieht das Ganze aus, wenn ihr überzeugte Nichtraucher seid, weil ihr die – auch wissenschaftlich nachgewiesene – Ansicht vertretet, dass Zigaretten für den Tod von Millionen von Menschen verantwortlich sind? Was wären eure ersten spontanen Gedanken, wenn ihr euer Gesicht auf einer dieser todbringenden Zigarettenpackungen sehen würdet?

„Das geht doch nicht! Das können die doch nicht einfach so machen! Ohne mich zu fragen! Na, die werden von meinem Anwalt hören!“ So oder so ähnlich wäre bestimmt eure erste Reaktion. Und auch euer Rechtsanwalt wird euch bestätigen, dass ihr gute Chancen habt, die Zigarettenindustrie auf Unterlassung und Schadenersatz zu verklagen, denn das „Recht der abgebildeten Person am eigenen Bild“ besagt, dass jeder selbst darüber bestimmen dürfen sollte, ob überhaupt und in welchem Zusammenhang Bilder von ihm veröffentlicht werden.

§ 22 KunstUrhG

„Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. (…)“

Für unseren gerade aufgeführten Fall, euer Konterfei auf der Zigarettenschachtel, bedeutet dies: Ihr wurdet weder gefragt noch dafür entlohnt, dass die Zigarettenindustrie mit eurem Abbild Werbung macht, weshalb die Chancen auf einen erfolgreichen Prozessverlauf, sollte es nicht zu einer außergerichtlichen Einigung kommen, für euch sehr gut stehen.

Doch zurück zur Konzertfotografie. Jetzt stellt sich nämlich die Frage, ob es Ausnahmeregelungen zu diesem Paragrafen gibt, die eine Veröffentlichung von Konzertfotos doch möglich machen, auch ohne ausdrückliche Erlaubnis seitens der abgebildeten Künstler (und der Konzertveranstalter, siehe 2.2 Das Hausrecht der Veranstalter).

Zunächst einmal wäre zu prüfen, ob Konzertfotos veröffentlicht werden dürfen, wenn man Eintritt bezahlt hat (und der oder die Künstler Honorar für seinen/ihren Auftritt bekommen hat/haben). Schließlich sagt § 22 KunstUrhG: „Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt.“

Allerdings ist das Honorar nicht als Entlohnung dafür anzusehen, dass der oder die Künstler fotografiert wurden, sondern als Entlohnung dafür, dass er oder sie Musik vorgetragen hat oder haben. Kein Fotograf wird vor Gericht damit durchkommen zu behaupten, dass das Sich-Fotografieren-Lassen der Künstler mit zu deren Pflichten gehört, wenn sie Honorar für ihren Auftritt bekommen.

Abbildung 2-4: Dick Brave (alias Sasha) bekommt sein Honorar für seine Auftritte dafür, dass er das Publikum musikalisch unterhält. Es ist kein Fotohonorar, also keine Entlohnung dafür, dass er sich von den Konzertbesuchern und –Fotografen ablichten lässt und die Veröffentlichung der Fotos in jedweder Form billigt. Nikon D4 mit 1,4/85mm Nikkor. 1/200 Sekunde, Blende 2,5, ISO 2500. Das Foto entstand beim umjubelten Konzert im Rahmen des Zeltfestivals Ruhr am 26. August 2012.

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

(Foto © 2012: Jens Brüggemann, www.jensbrueggemann.de)

Doch gibt es vielleicht andere Ausnahmeregelungen, die eine Veröffentlichung der Konzertfotos doch noch ermöglichen? § 23 KunstUrhG („Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“) zählt Ausnahmen vom generellen Verbot auf:

§ 23 KunstUrhG

„(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:

• Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte“;

• Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;

• Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;

• Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sondern bei denen die Verbreitung und Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.“

• ad 1.: Konzerte werden von der Rechtsprechung regelmäßig als zeitgeschichtliche Ereignisse eingestuft, über die auch ohne gesondert erteilte Erlaubnis berichtet werden darf. Vorausgesetzt, es werden keine anderen Rechte der Abgebildeten oder Dritter verletzt, was aber bei Konzertveranstaltungen, bis auf wenige Ausnahmen der „Umsonst-und-draußen-Konzerte“, regelmäßig der Fall ist (siehe 2.2 Das Hausrecht der Veranstalter.) Außerdem ist eine Berichterstattung über ein Konzertereignis anders einzustufen, als wenn das Konterfei eines Musikers, aufgenommen bei einem Konzert, für andere kommerzielle Zwecke wie beispielsweise die Werbung für ein bestimmtes Produkt, verwendet wird. Während sich Musiker die Berichterstattung gefallen lassen müssen, gilt dies nicht für die Zweckentfremdung der Bildnisse für Werbezwecke.

• ad 2.: Konzertfotos, auf denen die Musiker aus bildgestalterischen Gründen nur ganz klein auf der riesigen Bühne abgebildet sind, werden vermutlich auch dann nicht als frei veröffentlichbar angesehen werden, denn auch bei solchen Aufnahmen ist – unabhängig von der besonderen Bildgestaltung – der oder die Musiker nicht als „Beiwerk“ neben einer „sonstigen Örtlichkeit“ einzustufen. Der Ausdruck „Beiwerk“ ist also nicht nur größenabhängig zu interpretieren, sondern vor allem auch von der Bedeutung in Bezug auf die Bildaussage. DJ Bobo mag auf einer großen Konzertbühne sehr klein aussehen, doch ist er für ein Foto, das einen seiner Konzertausschnitte zeigt, durchaus von Bedeutung und deshalb nicht nur als „Beiwerk“ einzustufen.

• ad 3.: Hat ein Musiker, wenn er ein Konzert gibt, im rechtlichen Sinne des §23 Abs. 1 Satz 3 KunstUrhG an einer „Versammlung“, an einem „Aufzug“ oder einem „ähnlichen Vorgang“ teilgenommen? Die Frage ist hier zu verneinen; gemeint hat der Gesetzgeber hiermit Demonstrationen, Aufmärsche politischer Parteien, etc. Wenn ein Musiker ein Konzert gibt ist dies keiner der Ausnahmetatbestände des §23 Abs. 1 Satz 3 KunstUrhG, die eine Veröffentlichung von Fotos hiervon ohne Einverständnis des Künstlers rechtfertigen würden.

• ad 4.: Ob normale Konzertfotos „einem höheren Interesse der Kunst“ dienen, darf ebenfalls bezweifelt werden. Zumindest ist auch dieser Ausnahmetatbestand kein Freibrief für die Fotografen, die meinen, sich hierauf berufen zu können, wenn sie Konzertfotos verbreiten/veröffentlichen wollen.

Abbildung 2-5: Niemand – auch Personen des öffentlichen Interesses nicht – muss befürchten, dass Dritte beliebig mit Foto- oder Videoaufnahmen verfahren können, auf denen die besagte Person zu erkennen ist. Insbesondere können diese nicht ohne Zustimmung des Abgebildeten für Merchandising-Zwecke verwendet werden. Anders hingegen sieht es mit der redaktionellen Berichterstattung aus: Personen des öffentlichen Interesses (Politiker, Musiker, bedeutende Wirtschaftsbosse großer Unternehmen, Leute aus der High Society, etc.) müssen es hinnehmen, wenn über sie oder ihre Handlungen (sofern diese nicht zu privat oder intimer Natur sind) in der Presse berichtet wird.

Doch gilt dies auch für normale Konzertfotos? Das Foto zeigt Tim Bendzko beim Konzert am 24. August 2012 beim Zeltfestival Ruhr. Nikon D4 mit 1,4/85mm Nikkor. 1/500 Sekunde, Blende 2,8, ISO 3200.

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

(Foto © 2012: Jens Brüggemann, www.jensbrueggemann.de)



Nun stellt sich natürlich noch die Frage, inwieweit „das Recht der abgebildeten Person am eigenen Bild“ greift, wenn die Person gar nicht mehr individuell erkannt wird? Im Zeitalter der Bildbearbeitung ist es ja relativ einfach möglich Gesichter so zu verfremden, dass die eigenen Eltern ihre Tochter oder ihren Sohn nicht mehr erkennen würden. In diesem Fall könnte der Fotograf auf eine Einholung der Erlaubnis zur Veröffentlichung der Bilder verzichten.

Allerdings wäre zu beachten, dass die Erkennbarkeit sich auch aus „begleitenden Umständen“ ergeben kann: „Ist eine Person durch den Kontext eindeutig identifizierbar, kann sie sich gegen die Veröffentlichung wehren, auch wenn ihre Gesichtszüge gar nicht gezeigt werden.“ (Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 23.12.2008, Az. 11 U 21/08)

Es kommt also unter Umständen gar nicht darauf an, ob die Person eindeutig erkennbar ist, sondern auch, ob sie nicht anhand anderer Umstände (zum Beispiel den gezeigten Zusammenhang, etc.) dennoch identifizierbar ist. Auch dann ist eine Erlaubnis durch den Abgebildeten zur Veröffentlichung der Fotos vonnöten.

Abbildung 2-6: Die abgebildete Person ist nicht individuell erkennbar, und auch der Kontext lässt keine Schlüsse darauf zu, um welches Konzert es sich hier handeln könnte. Dieses Motiv habe ich mit Absicht quasi als Scherenschnitt im Gegenlicht fotografiert, denn ich hatte keine Fotografiererlaubnis hierfür. So „abstrakt“ lässt es sich aber dennoch gut verwenden, und stimmungsvoll ist es noch dazu. Nikon D3S mit 4/24-120mm Nikkor bei verwendeter Brennweite 120mm. 1/200 Sekunde, Blende 4, ISO 2500.

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

(Foto © 2011: Jens Brüggemann, www.jensbrueggemann.de)

Fazit zum Thema

Das Recht der abgebildeten Person am eigenen Bild als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist als Schutz des Einzelnen zu verstehen, damit nicht irgendjemand sein Konterfei beliebig verbreitet/veröffentlicht. Insbesondere für Werbe- und Merchandisingzwecke dürfen Bilder nicht einfach so verwendet werden. Damit dieses Recht nicht die Pressefreiheit aushebelt, hat der Gesetzgeber Ausnahmetatbestände (siehe §23 Abs. 1 KunstUrhG) geschaffen, die es den Pressefotografen erlauben, auch ohne Zustimmung des Abgebildeten Fotos zu veröffentlichen, die beispielsweise von besonderer zeitgeschichtlicher Bedeutung sind. Die neuere Rechtsprechung verwendet ein abgestuftes Schutzkonzept: In jedem Einzelfall ist nach einer Interessengewichtung und –Abwägung zu prüfen, ob die Aufnahme der betreffenden Person von zeitgeschichtlicher Bedeutung ist und entsprechend – zum Zwecke der Berichterstattung – veröffentlicht werden darf.

Es gilt: Je mehr eine Person im öffentlichen Interesse steht, desto eher können Fotos, auf denen diese Person abgebildet ist, für die Berichterstattung verwendet werden – auch ohne Einwilligung der abgebildeten Person.

In der Praxis der Konzertfotografie ist es jedoch so, dass es noch ein anderes Rechtskonstrukt gibt, welches das Fotografieren und das Veröffentlichen der Ergebnisse durch Verhandlungen als Option ermöglicht. Diese Verhandlungen finden einerseits zwischen Musiker und Konzertveranstalter und andererseits zwischen Konzertveranstalter und Fotografen statt. Ermöglicht wird dies durch das „Hausrecht“ des Konzertveranstalters, welches wir uns aufgrund seiner überragenden Praxisrelevanz im Bereich der Konzertfotografie im Folgenden etwas genauer anschauen wollen.

2.2 Das Hausrecht der Veranstalter

Stellt euch vor, ihr gebt bei euch zu Hause eine Party. Zu dieser Party kommen all die Freunde und Bekannten, die ihr eingeladen habt. Fremde könnt ihr, aber müsst ihr nicht in eure Wohnung lassen; ebenso habt ihr selbstverständlich das Recht, missliebige Gäste (die zum Beispiel im betrunkenen Zustand einen Streit unter den Gästen anzetteln oder euer schönstes Mobiliar kaputt hauen) der Wohnung zu verweisen. Ihr könnt bestimmen, welche Musik gespielt wird, ob der Fernseher eingeschaltet werden soll und ob es den Gästen erlaubt ist, die frisch gepflanzten Blumen im Vorgarten umzutreten. Kurz: Ihr habt das Hausrecht, und an eure Anweisungen müssen sich die Gäste halten! Wem das nicht passt, darf wieder gehen oder kann sogar unfreiwillig der Wohnung verwiesen werden (notfalls auch mithilfe der Polizei).

Und ähnlich ist das auch im Musikbusiness, wo der Konzertveranstalter – in Absprache mit den auftretenden Künstlern – bestimmt, was die Fotografen (sofern sie überhaupt zugelassen werden) dürfen und was nicht. Dabei gilt die Faustregel: Je angesagter aktuell die auftretenden Künstler sind, desto stärker ist ihre Verhandlungsposition gegenüber dem Veranstalter. Das heißt, dass sehr bekannte Künstler ihre Forderungen geradezu nach Belieben durchsetzen können – und der Veranstalter zu allem „ja“ sagt, um überhaupt einen Auftritt des oder der Musiker zu ermöglichen.

Abbildung 2-7: Diese Konzertfotografen waren allesamt „akkreditiert“. Sie hatten vom Veranstalter die Erlaubnis, während des Konzertes zu fotografieren und die Fotos auch zu veröffentlichen. Im Vorfeld des Konzertes hat es wiederum Vereinbarungen zwischen dem Veranstalter (dem „Hausherrn“) und dem auftretenden Sänger (hier: Jan Delay) gegeben, ob fotografiert werden darf, wie lange, wann und inwieweit die gemachten Fotos veröffentlicht werden dürfen. Insbesondere der letzte Punkt, die kommerzielle Verwendung der gemachten Aufnahmen durch Lizenzvergabe (verkauft wird in der Regel nicht das „physische“ Foto, sondern die Lizenz, dieses zu veröffentlichen, beispielsweise in Zeitschriften, auf Internetseiten, etc.) greift in das erwähnte Hausrecht des Konzertveranstalters ein. Deshalb sollte man niemals – nur weil man beim Fotografieren während eines Konzertes nicht entdeckt wurde – die gemachten Aufnahmen veröffentlichen oder weitergeben, es sei denn, man hat ausdrücklich die schriftliche Genehmigung des Veranstalters hierfür. Nikon D3S mit 2,8/24-70mm Nikkor bei verwendeter Brennweite 24mm. 1/160 Sekunde, Blende 3,5, ISO 5000.

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

(Foto © 2010: Jens Brüggemann, www.jensbrueggemann.de)

Fazit

„Der Veranstalter eines Konzerts hat sämtliche mit diesem im Zusammenhang stehenden Rechte. Hierzu gehört insbesondere das Hausrecht. Daher darf er den Fotografen verbieten, Fotos von der Veranstaltung oder von den auftretenden Künstlern zu machen und zu verkaufen. Gleiches gilt für andere geschlossene Veranstaltungen, wie zum Beispiel Sportveranstaltungen.“ (Aus dem Lehrbuch: „Fotografie und Recht“, Kötz/Brüggemann, mitp-Verlag, April 2009, 34,95 Euro, ca. 200 Seiten)

Abbildung 2-8: Wenn Mick Jagger (übrigens seit 52 Jahren im Musikgeschäft tätig!) mit seinen Rolling Stones ein Konzert gibt, werden die Veranstalter auf die Durchsetzung ihrer Bedingungen nicht beharren, wenn dadurch der Auftritt der Band gefährdet werden würde. Das Foto zeigt Mick Jagger beim Rolling-Stones-Konzert im Berliner Olympiastadion am 15. Juni 2003. Mittlerweile (2014) stehen die Rolling Stones seit über einem halben Jahrhundert auf der Bühne. Gerüchte über die Auflösung der Band – vorgeschoben wurden regelmäßig interne Streitigkeiten, meist zwischen Mick Jagger und Keith Richards – hat es schon immer in der Bandgeschichte der Stones gegeben. Sie haben vermutlich auch dafür gesorgt, dass die Konzerte regelmäßig ausverkauft waren – aus Sorge der potenziellen Konzertbesucher, eine Auflösung der Band stehe wirklich bevor und es wäre die letzte Gelegenheit, die Stones live zu sehen. Vermutlich war das aber nur ein Teil des genialen Marketings der Stones, die schon in den Sechziger Jahren ihr Image als „böse Buben des Rock ´n Roll“ selber künstlich aufbauten (obwohl sie eigentlich aus guten, bürgerlichen Verhältnissen kamen). (Foto © 2003: DAVIDS/Sven Darmer – www.svendarmer.de)

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen



Wie soeben ausgeführt, kommt es beim Hausrecht darauf an, dass es sich um geschlossene Veranstaltungen handelt. Dies bedeutet, dass die Veranstaltung nicht zwangsläufig in einem „Haus“ stattfinden muss, damit das Hausrecht gilt. Auch Veranstaltungen unter freiem Himmel, die aber beispielsweise durch einen Zaun „geschlossen“ werden, sodass nicht jedermann frei beispielsweise das Festivalgelände betreten kann, fallen unter das Hausrecht. Gerade bei vielen Musikfestivals in den Sommermonaten sind die Gelände, auf denen die Veranstaltungen stattfinden, durch einen Zaun oder eine Bretterwand umgeben. Dies dient in erster Linie natürlich dazu, an den Zugängen eine oder mehrere Kassen aufzustellen und von den Besuchern des Festivals Eintritt zu verlangen. Dass dadurch der Veranstalter sich gleichzeitig das Hausrecht erwirbt, ist für diesen ein angenehmer Nebeneffekt. Entscheidend ist aber der freie Zugang, der nun durch die Absperrmaßnahmen bei den meisten Festivals nicht mehr gegeben ist.

Doch es gibt auch Musikfestivals, die bewusst auf eine Absperrung verzichten, um jedermann die Möglichkeit zu geben, umsonst der Veranstaltung beizuwohnen. Diese „Umsonst-und-draußen-Festivals“ werden meist mit viel Herzblut organisiert und von städtischer Seite aus kulturellen Gründen gefördert. Diese Veranstaltungen sind ohne die Sponsoren nicht denkbar, die die Veranstaltungen werbemäßig nutzen, um sich bei der jeweiligen Zielgruppe ein positives Markenimage zu erarbeiten.

Abbildung 2-9: Bochum Total ist ein solches gelungenes (und seit Jahren etabliertes) Musikfestival, welches jährlich im Sommer in der Bochumer Innenstadt stattfindet und für jedermann frei zugängig ist. In diesem Jahr werden ca. eine Million Besucher zu der kostenfreien Veranstaltung erwartet. Hier können auch Fotografen aus der Zuschauermenge heraus (die Standorte sind meist nicht schlechter als im Pressegraben, der nur für die akkreditierten Fotografen freigegeben ist) Konzertfotos schießen, ohne sich vorher aufwendig um die Akkreditierung kümmern zu müssen. (Tipp: Rechtzeitig sich einen der vorderen Plätze sichern; am besten erscheint man mindestens eine halbe Stunde vor Konzertbeginn). Dieses Foto vom Gitarristen von Apologies, I Have None, entstand im Juli 2013 bei Bochum Total. Ich stand in vorderster Reihe zwischen den anderen Konzertbesuchern, denn ich hatte mich erst ganz kurzfristig entschieden, hier ein paar Fotos zu machen, sodass eine Akkreditierung nicht mehr möglich war.

Im Gegensatz zu den Kollegen im Pressegraben hatte ich zwar weniger Armfreiheit, doch hatte ich gegenüber diesen den Vorteil, dass ich durch den etwas größeren Abstand zur Bühne nicht so sehr die „von unten-Perspektive“ hatte. Nikon D4 mit 1,4/85mm Nikkor. 1/1600 Sekunde, Blende 2, ISO 2500.

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

(Foto © 2013: Jens Brüggemann, www.jensbrueggemann.de)

2.3 Die Panoramafreiheit

Viele Fotografen denken, beim Fotografieren von Konzerten im Freien, sich auf die Panoramafreiheit berufen zu können. Doch dies ist falsch, wie ein Blick in das Urheberrechtsgesetz zeigt:

§ 59 UrhG – Werke an öffentlichen Plätzen

„(1) Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Grafik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.“

Entscheidend sind die beiden Kriterien „bleibend“ und „öffentlich“. Ein „umsonst-und-draußen-Festival“ ist zwar per definitionem „öffentlich“, doch niemals „bleibend“, da es sich nur zeitweilig in der Öffentlichkeit befindet. Nach Beendigung des Festivals werden die Bühnen wieder abgebaut, die Licht- und Veranstaltungs-Technik und ebenso die Musikinstrumente. Abgedeckt werden von der Panoramafreiheit des § 59 UrhG aber die Fotografien von Außenansichten von Bauwerken, sofern sie von einem öffentlichen Weg, einer Straße oder einem Platz aus gemacht wurden. Gleiches gilt für andere urheberrechtlich geschützte Werke wie beispielsweise Skulpturen, Installationen, etc. Zeitweilige Kunstaktionen (wie beispielsweise Musikfestivals) hingegen sind keine bleibenden Werke im Sinne von § 59 UrhG.

2.4 Haben (Konzert-) Fotografen auch Rechte?

Ja. Selbstverständlich!

Urheberrechtsschutz

„Der Urheberrechtsschutz entsteht mit der Schaffung einer Fotografie selbst, muss also nicht beantragt werden. Jeder Urheber hat ein Recht darauf, dass er bei Veröffentlichung eines Fotos, und das gilt auch bei Werbeanzeigen, namentlich (oder auch anders, beispielsweise die Internetdomain) genannt wird, was für uns Fotografen ein nicht zu unterschätzendes Werbemittel ist. Der Urheberrechtsschutz bei Lichtbildwerken bleibt noch für die Dauer von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers bestehen, bei Lichtbildern sind es 50 Jahre.“ (aus dem Lehrbuch: „Fotografie und Recht“, Kötz/Brüggemann, mitp-Verlag, April 2009, 34,95 Euro, ca. 200 Seiten). Unsere Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Dabei ist es unerheblich, ob die Fotos besonders künstlerisch gestaltet oder einfach wie ein Schnappschuss entstanden sind („geknipst wurden“). Diese Unterscheidung zwischen „Lichtbildern“ und „Lichtbildwerken“ ist lediglich relevant, wenn es um die Schutzdauer der Bilder geht: Der Urheberrechtsschutz bei Lichtbildwerken bleibt noch für die Dauer von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers bestehen, bei Lichtbildern sind es 50 Jahre.

Abbildung 2-10: Gut zu wissen: Auch dieses Foto vom Wir sind Helden-Konzert ist urheberrechtlich geschützt. Diesen Schutz musste ich nicht beantragen, sondern er entstand zu dem Zeitpunkt, als ich den Auslöser betätigt habe (also zu dem Zeitpunkt, in dem das Foto entstanden ist; somit zeitgleich). Nikon D3S mit 1,4/85mm Nikkor. 1/250 Sekunde, Blende 3,5, ISO 2000.

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

(Foto © 2011: Jens Brüggemann, www.jensbrueggemann.de)

Für die Konzertfotografie ist allerdings entscheidend, was zwischen den jeweiligen Verhandlungspartnern ausgehandelt wurde. Sprich: Wenn wir (zum Beispiel aus einer schlechten Verhandlungsposition heraus) jeden Knebelvertrag der Konzertveranstalter mitmachen, brauchen wir uns nicht zu beschweren, dass wir unsere künstlerischen und wirtschaftlichen Freiheiten allesamt abgetreten haben.

Natürlich ist man als einzelner Fotograf kaum in der Lage, seine Wünsche auch immer durchzusetzen. Der Regelfall ist am besten mit „Friss oder stirb!“ beschrieben. Anders formuliert: Wir Fotografen müssen den Bedingungen der Konzertveranstalter folgen – oder wir verzichten auf die Berichterstattung mittels Fotografie.

Und genau das ist ein Ansatzpunkt, der unsere Position gar nicht soooo schlecht aussehen lässt: Wenn wir auch die anderen Kollegen von der Presse davon überzeugen können, dass wir allesamt – ohne dass „Streikbrecher“ aus unserer Reihe ausscheren – Konzertveranstaltungen boykottieren, bei denen die Akkreditierung ausschließlich durch das Eingehen von Knebelverträgen möglich ist, dann werden auch Musiker und Konzertveranstalter irgendwann merken, dass sie auf die gute Arbeit der (Presse-) Fotografen angewiesen sind. Denn schöne Fotos eines Konzerts sind immer auch eine tolle – und vor allem kostenlose – Werbung hierfür.

Folgende (in der Vergangenheit tatsächlich aufgesetzte) Bedingungen („Knebelvertrag“) sollte kein Konzertfotograf eingehen:

• Veto-Recht des Veranstalters oder der Musiker betreffend der Veröffentlichung von Fotografien des Konzertes: Diese Restriktion bedeutet Zensur! Lasst euch das Heft der Entscheidung nicht aus der Hand nehmen, wenn es darum geht zu entscheiden, welche Fotos ihr veröffentlichen könnt!

• Verkürzung der Fotografierzeit auf 10 Sekunden der ersten 3 Lieder. Das ist reine Schikane und bedeutet, dass ihr unter enormem Stress steht, denn wer kann schon in 30 Sekunden künstlerisch wertvolle Ergebnisse abliefern? Ein herausragendes Foto wäre reiner Zufall – aber nicht mehr das Ergebnis von Können.

• Vorgeschriebene Aufnahmewinkel: Lasst euch nicht von Nicht-Fotografen beschränken, was die Bildgestaltung angeht! Führt dagegen an, dass ihr eure künstlerische Freiheit braucht, um gute Ergebnisse abzuliefern.

• Vorgeschriebene Bildbearbeitung (beispielsweise das Schlankermachen der Künstler): Bild-Manipulationen sind zwar heutzutage (leider!) keine Seltenheit, in der Bildberichterstattung, wozu auch die Konzertfotografie gehört, aber (noch) nicht unbedingt üblich (siehe Tutorial 10: Die Nachbereitung). Insofern weigert euch, wenn der Künstler aus Eitelkeit retuschiert oder verschlankt werden will. Zumal eine solch aufwendige Bildbearbeitung euch unnötig Zeit (und damit auch Geld) kostet.

Abschließendes Fazit

In keinem anderen Bereich der Fotografie gibt es so viele Einschränkungen für die Fotografen wie bei der Konzertfotografie. Lasst euch aber nicht alles gefallen! Auch wenn der einzelne Fotograf in einer schlechten Verhandlungsposition gegenüber Konzertveranstaltern und Musikern (oder deren Management) ist, sollte nicht blindlings jede vorgelegte Vereinbarung unterschrieben werden. Spätestens dann, wenn Vertragsbedingungen dazu führen, dass die künstlerische oder wirtschaftliche Freiheit der Fotografen deutlich beschnitten wird, ist es sinnvoller, auf eine Bildberichterstattung komplett zu verzichten! Wenn sich die Fotografen untereinander einig sind, werden Veranstalter, Musiker und Manager schnell erkennen, dass sie zwar nicht auf einen einzelnen Fotografen angewiesen sind; aber auch, dass sie auf die Leistungen und das Können der Fotografen allgemein dennoch nicht verzichten können.

Abbildung 2-11: Wenn stimmungsvolle Fotos von Konzerten nicht mehr in der Presse erscheinen, unterbleibt eine wichtige Werbewirkung für die Musiker. Sie profitieren nämlich davon, dass kostenlos über sie und ihre (gelungenen) Konzerte berichtet wird. Gerade die Fotos sind es, die die Zeitungs- und Zeitschriften-Leser animieren, selbst einmal wieder ein Konzert der Lieblingsband zu besuchen.

Insofern sind wir Konzertfotografen nicht nur Bittsteller gegenüber den Musikern und den Konzertveranstaltern, sondern auch professionelle Künstler, die mit ihren Fotos einen nicht unerheblichen Anteil leisten, damit Konzerte überhaupt erst in der Masse stattfinden können. Jan Delay mit Band im August 2010 im Rahmen des Zeltfestivals Ruhr. Nikon D3S mit 2,8/24-70mm Nikkor bei verwendeter Brennweite 55mm. 1/2000 Sekunde, Blende 5,6, ISO 3.200.

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

(Foto © 2010: Jens Brüggemann, www.jensbrueggemann.de)

2.5 Lizenzgebühren: Berechnung und Verhandlung

Wer seine (Konzert-) Fotos verkaufen möchte, wird sich natürlich Gedanken darüber machen, wie viel er oder sie pro Foto bekommen kann. Gerade Anfängern fällt es sehr schwer, den Verkaufs-Preis zu ermitteln.

Folgendes Nutzungsrechte-Konzept soll euch dabei helfen, ein Gespür dafür zu bekommen, was ein „angemessener“ Preis ist.

In der Regel werden von professionell arbeitenden Konzert-Fotografen nicht mehr „physische“ Fotos („Abzüge“) verkauft, sondern Nutzungsrechte. Selbst wenn hierfür in Ausnahmefällen noch physisch existente Fotos weitergegeben werden (der Normalfall ist mittlerweile im Internetzeitalter die Weitergabe von digitalen Fotos), richtet sich der Verkaufspreis nicht nach dem Wert des Fotoabzugs, sondern nach dem Umfang, wie der Kunde das oder die Fotos nutzen möchte.

Hierbei unterscheidet man zwischen sachlicher, räumlicher und zeitlicher Nutzung.

Sachliche Nutzung:

Hierbei ist entscheidend, wofür die Fotos verwendet (genutzt) werden. So ist der Umfang umso größer, je mehr Nutzungsarten der Bildverwerter vorgesehen hat. Beispiele sind: Nutzung der Fotos in einer Tageszeitung zur Berichterstattung, für eine Zeitschrift zur Illustration des Artikels über die Band-Geschichte, für ein CD-Cover der neuesten CD der Band, für ein Poster der Band, als Werbeflyer für die nächste Konzerttournee etc. Dabei wird klar, dass das Honorar, das der Fotograf für die Fotos bekommen sollte, umso größer ist, je mehr Nutzungsarten vorgesehen sind.

Räumliche Nutzung:

Beim Umfang der räumlichen Nutzung geht es darum, wo (geografisch gesehen) überall die Fotos erscheinen sollen. So macht es einen Unterschied, ob die Fotos nur im Lokalteil einer Bochumer Tageszeitung erscheinen oder in einer deutschlandweiten Zeitschrift oder gar europa- oder weltweit. Je größer das geografische Gebiet ist, in dem die Fotos veröffentlicht werden, desto höher sollte auch das Honorar des Fotografen ausfallen.

Zeitliche Nutzung:

Wenn ihr ein Foto für ein Plakat verkauft, welches auf die kommende Tournee der abgebildeten Band verweist, dann sollte euer Honorar umso höher sein, je länger die Plakate hängen (je länger die Tournee dauert). Es ist leicht einsichtig, dass Fotos auf einem Plakat, welches nur zwei Wochen lang auf kommende Konzerte einer Band hinweist, weniger Honorar bringt, als wenn das Plakat über Monate an Litfasssäulen etc. hängt. Es gilt der Grundsatz: je länger die Nutzungsdauer, desto höher der Erlös für die Zurverfügungstellung des oder der Fotos.

Dieses Nutzungsrechte-Konzept sagt nun noch nichts über die tatsächliche Höhe des Bildhonorars aus; es dient lediglich dazu, zu differenzieren, wenn unterschiedliche Verwendungen (in sachlicher, räumlicher oder zeitlicher Sicht) von Fotos geplant sind.

Vergessen werden sollte nicht, dass Bildhonorare nicht irgendwo „festgelegt“ sind – sondern das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Bildrechte-Geber (uns Fotografen) und dem Nutzer (dem Verwender der Fotos) sind. Dass aufgrund der digitalen Bilderflut die Verkaufserlöse für die Nutzungsrechte-Vergabe an Fotos deutlich gefallen sind, ist ein Beleg hierfür. Auch die Vergabe an Nutzungsrechten für Fotos (dem „Verkaufserlös“) unterliegt den marktwirtschaftlichen Gesetzen von Angebot und Nachfrage.

Wer nun doch noch „konkrete Preise“ für die Vergabe seiner Foto-Nutzungsrechte an dieser Stelle erwartet, sei auf die Publikation „Bildhonorare 2014“ der MFM (Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing) des BVPA (Bundesverband der Pressebild-Agenturen und Bildarchive e.V.) verwiesen: „Die jährlich überarbeiteten und aktualisierten Bildhonorare der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) stehen seit Februar als Print-Version bereit. Die Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte dient den Marktteilnehmern - sowohl Bildanbietern als auch Bildabnehmern - als Kalkulations- und Verhandlungsgrundlage.“ (Quelle: http://www.bvpa.org/news/1026-mfm-bildhonorare-2014)

Diese Honorarempfehlungen sind nicht als feste Größe im Verhandlungspoker um „angemessene“ Preise für die Foto-Nutzungen zu sehen, sondern als ungefähre Richtschnur im Rahmen der Preisverhandlungen zwischen Anbieter und Abnehmer. Sie werden übrigens auch regelmäßig von den deutschen Gerichten herangezogen als Anhaltspunkt, wie Foto-Nutzungen preislich bewertet werden können.

Abbildung 2-12: Wie viel Honorar könnte ich für dieses Foto von Wolfgang Niedecken, Frontmann der Gruppe BAP, verlangen? Nun, es kommt darauf an, wofür das Foto verwendet werden soll (ein CD-Cover bringt mehr Honorar ein als die Veröffentlichung in einer Tageszeitung, die über das gestrige Konzert berichtet), wie lange das Foto dabei veröffentlicht wird (zum Beispiel ist es ein großer Unterschied, ob das Foto nur für 1 Tag, Beispiel Tageszeitung, oder für 20 Jahre oder länger, Beispiel CD-Cover genutzt werden soll) und wie groß die geografische Verbreitung des Fotos ist (wird es nur in Köln publiziert oder gar weltweit?). Die Honorarempfehlungen „Bildhonorare 2014“ der MFM des BVPA geben hierbei eine wertvolle Orientierungshilfe im Verhandlungspoker mit dem Bildverwerter. Nikon D3S mit 1,4/85mm Nikkor. 1/400 Sekunde, Blende 2,2, ISO 1250.

Konzertfotografie - Teil 02: Rechtliche Fragestellungen

(Foto © 2011: Jens Brüggemann, www.jensbrueggemann.de)