Was ist die Customer Journey? Wo beginnt sie bereits?
Ein Erlebnis, dass in dieser oder ähnlicher Form jeden Tag auf der Welt tausendfach passiert: Du suchst einen Fliesenleger, um dein Bad verschönern zu lassen. Du erhältst von Freunden einen Fliesenleger namentlich empfohlen und recherchierst online nach ihm, ohne eine Website oder die aktuellen Kontaktdaten zu finden. Dann kann der Vertrauensvorschuss durch die Mundpropaganda schnell verbraucht sein, wenn dein Informationsbedürfnis nicht erfüllt wird … also bereits so ziemlich am Anfang der sogenannten Customer Journey.
Die Customer Journey beschreibt den Pfad oder die Reise deines Zielkunden, bevor - also von der ersten Interaktion an - er sich entscheidet, das Wunschverhalten (Kauf/Buchung/Kontaktaufnahme, …) zu zeigen … oder eben abzubrechen. Und auch schließt die Customer Journey die Schritte nach dem Wunschverhalten ein, indem es um die Nutzung und die Loyalität geht.
Definition: Was heißt Customer Journey?
Die Customer Journey, oder eben auch "Kundenreise" oder "Kundenweg", beschreibt den gesamten Prozess, den ein Kunde durchläuft, von der ersten Berührung mit einem Produkt, einer Marke oder einem Service bis hin zum Kauf und möglicherweise darüber hinaus zur Wiederholungskäufen oder zur Markenloyalität. Es handelt sich um eine konzeptionelle Darstellung der verschiedenen Phasen, die ein Kunde während seiner Interaktion mit einem Unternehmen durchläuft, einschließlich Bewusstsein, Forschung, Bewertung, Kaufentscheidung, Kauf und Nachverkaufssupport. Die Customer Journey wird oft analysiert und optimiert, um das Kundenerlebnis zu verbessern und die Kundenzufriedenheit zu steigern.
Touchpoints auf der Customer Journey
Laut dem Magazin t3n im Dezember 2019 durchläuft ein Kunde vor dem Treffen der Kaufentscheidung 11 Inhalte … ob nun vertikal bei einem Unternehmen in einer Customer Journey oder horizontal über die Mitbewerberangebote bleibt dabei offen. Bei Edgar K. Geffroy hieß es 2005 im Buch „Das Einzige, was stört, ist der Kunde: Clienting ersetzt Marketing“, sieben Kontakte seien ausreichend. Das heißt, es werden immer mehr Touchpoints zwischen Kunden und Marke nötig bis zur Kaufentscheidung. Heute sind es vielleicht schon mehr als 11 Berührungen, die nötig sind.
Das UX-Design einer Websitte sollte die Bedürfnisse der Zielkunden aufgreifen und die Lösungen zur Bedürfnisbefriedigung präsentieren. Die Customer Journey hilft dabei, die Schwachstellen der eigenen Website zu identifizieren (z. B. missverständliche Handlungsaufforderung, irreführende Navigation, fehlender Inhalte, …) und die User Experience zu verbessern. Dabei muss die Customer Journey nicht enden, wenn dein User das Wunschverhalten zeigt, sondern kann beispielsweise über den Kauf hinausgehen, indem die Danke-Seite beleuchtet wird, Möglichkeiten zur Newsletteranmeldung und zur Bewertung beleuchtet werden oder Crossselling-Angebote platziert werden.
Du musst also kennen für eine optimale User Experience auf der Customer Journey kennen:
- wer ist dein Zielkunde (buying persona, Werte- und Emotionsystem)
- welches Problem hat er
- wie sieht deine Lösung dazu aus
- welche Berührungspunkte hat er (alle!) auf seiner Reise zur Lösungsfindung
- wo steigt der Zielkunde auf deiner Website ein, wo springt er wieder ab
- was empfindet er beim Kontakt mit deiner Marke und deiner Lösung
- welche unterschiedlichen (Informations-) Bedürfnisse verspürt er an jedem Berührungspunkt in der Customer Journey
So kann also ein Zielkunde, der nach einem Online-Tool zur Suchmaschinenoptimierung sucht, bei Google recherchieren, auf Facebook seine Freunde befragen und bei YouTube einige Produkterfahrungsberichte dazu anschauen. Ihm werden mehrere Angebote präsentiert, die ihm gefallen, wovon er dann den kostenlosen Test von drei ausgewählten Tools wahrnimmt. Sowohl auf der eigenen Website als auch in den sozialen Kanälen müssen die Berührungspunkte bedacht werden bei der Markenwahrnehmung und der Kommunikation. Am Anfang geht es dem Zielkunden vor allem um die Lösung seines Problems. Am Ende der Customer Journey – kurz vor dem Bestellabschluss – geht es ihm um Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit des Anbieters. Auch wichtig ist in diesem Punkt zu wissen, ob der Anwender auch der Entscheider über den Kaufabschluss ist. Entsprechend muss der Inhalt aufbereitet werden, sodass der Anwender sehr leicht dem Entscheider in seinem Unternehmen zum Kaufabschluss führen kann. Wir machen es beispielsweise Anwendern leicht, wenn sie nicht selbst Entscheider sind, und geben ihm schon einen vorformulierten Text für den Entscheider mit (siehe auf dieser Seite unten: unser Convince-your-boss-template).
Visuelle Erstellung einer Customer Journey
Eine Customer Journey kann manuell oder digital erstellt werden. Basierend auf den Erkenntnissen zum Geschäftsmodell und der Nutzergruppe, die gesammelt wurden, werden die einzelnen Schritte, die der Endanwender nutzt (und auch gehen/wählen kann), als Reisefahrplan aufgezeichnet.
Informationen über die Herkunft der Besucher lässt sich über Analysetools wie Google Analytics gewinnen. Die Customer Journey Map kann ein wichtiges Werkzeug für UX-Designer sein, um Probleme zu erkennen und diese zu diskutieren.
Typischerweise umfasst eine Customer Journey Map mehrere Schritte oder Phasen, die im Verlauf der Interaktion des Kunden mit deinem Unternehmen auftreten können. Diese Schritte können je nach Unternehmen, Branche und spezifischem Kontext variieren, aber einige gemeinsame Elemente sind:
- Awareness: In dieser Phase wird der Kunde auf das Unternehmen, das Produkt oder die Dienstleistung aufmerksam. Dies kann durch verschiedene Kanäle wie Werbung, Social Media, Mundpropaganda oder Suchmaschinen geschehen.
- Consideration: Der Kunde beginnt, das Angebot des Unternehmens genauer zu prüfen und zu bewerten. Er recherchiert möglicherweise, liest Bewertungen, vergleicht verschiedene Optionen und evaluiert deren Nutzen und Wert.
- Decision: In dieser Phase trifft der Kunde eine Kaufentscheidung. Er wählt das Produkt oder die Dienstleistung aus, die seinen Bedürfnissen am besten entspricht. Dies kann von verschiedenen Faktoren wie Preis, Qualität, Markenimage und Kundenservice beeinflusst werden.
- Akquisition oder Kauf: Der Kunde schließt den Kauf ab und erwirbt das Produkt oder die Dienstleistung.
- Service oder Post-Purchase Experience (Nach dem Kauf): Nach dem Kauf setzt sich die Customer Journey fort. Der Kunde verwendet das Produkt oder die Dienstleistung und bewertet seine Erfahrung damit. Dies umfasst Aspekte wie die Benutzerfreundlichkeit, die Qualität, den Kundenservice und die Erfüllung der Erwartungen.
- Loyalität oder Befürwortung: Wenn der Kunde mit seiner Erfahrung zufrieden ist, kann er zum Befürworter der Marke werden, indem er sie anderen empfiehlt, positive Bewertungen abgibt oder auf Social-Media-Plattformen teilt.
Interessant wird es dann später, wenn Google Analytics über die Funktion der Conversion-Pfade andere Wege aufzeigt, die die Nutzer, die tatsächlich eine Conversion auslösen, gehen. Diese Touchpoints sind dann zu untersuchen und ggf. gewisse Abkürzungen oder Umleitungen einzubauen, wenn es hilft, die Conversionsrate zu erhöhen.
So bietet es sich an, auf der Website einmal die möglichen und die Wunschverhalten der Zielgruppe in allen Schritten genau abzubilden. Das gibt Klarheit über die vertikalen Touchpoints und ermöglicht es, zielgenauer das inhaltliche Angebot und das UX-Design zu gestalten anhand der Bedürfnissituation des Zielkunden … und die aktuellen Schwachstellen zu beheben. Von vornherein muss dazu auch klar sein, dass das Zielverhalten, also der Call-to-Action für jede Website und für jeden Touchpoint klar definiert ist.
Hier als Beispiel eine interne, vertikale Customer Journey als Mapping, wie ein Zielkunde auf unserer Website interagiert auf dem Weg zum Wunschverhalten.
Sichtbar sind neun Prozesse, die ein Zielkunde, Testkunde und/oder Bestandskunde durchlaufen kann bei unserem Dienst TutKit.com. Wir zeigen die genauen Bewegungspfade auf. Der Testen-Prozess auf TutKit.com, welcher unser wichtiger Call-to-Action an unsere Abo-Zielgruppen, die noch keine Kunden sind, darstellt, wurde beispielhaft detailliert ausgerollt mit allen Touchpoints und wie wir den Testkunden weiter „inhaltlich betreuen“ auf dem Weg zur finalen Conversion.
Das Dokument ist inhaltlich sogar eng verknüpft mit der Buying Persona - also dem fiktiven Stellvertreter unserer Zielgruppen. Im selben Dokument haben wir unsere Buying Persona definiert als auch die Customer Journey visualisiert:
Hier siehst du ein weiterführendes Beispiel von uns aus dem sensiblen Bestellabschluss-Prozess, der erfahrungsgemäß eine relativ hohe Abbruchrate im E-Commerce- und Abo-Commerce-Bereich hat. Wir haben jeden Schritt auf der Customer Journey aus User Experience-Sicht genau besprochen und einen aus unserer Sicht optimalen Ansatz als XD-Design definiert, bei dem der Nutzer ablenkungsfrei und zielsicher zur Conversion geführt werden soll.
Gerade zu Beginn der Arbeiten an einer Customer Journey lohnt es sich, die eigenen Nutzer noch besser verstehen zu lernen. Potential bieten die Methoden des User Research. Das können Umfragen, Interviews, Beobachtungen vor Ort, Fokusgruppen, Klicktracking und Heatmaps usw. sein. Die Erkenntnisse werden hilfreich bei allen Optimierungsschritten, weil sie helfen zu verstehen, wie Nutzer tatsächlich agieren, denken und fühlen.
Die Customer Journey setzt dort an, wo sich die Zielgruppe gerade aufhält.
Matthias Petri
Im Live-Modus empfiehlt es sich, die User Experience weiter zu steigern, in dem beispielsweise mithilfe von A-B-Tests kleine Änderungen (z. B. Kontaktdaten mit Foto vom Ansprechpartner und einmal ohne) im Bestellabschluss vorgenommen werden, um die Abbruchrate weiter zu senken und damit Conversionsrate zu erhöhen. Die Customer Journey ist nichts Statisches. Sie ändert sich mit dem Verhalten unserer Zielgruppe, veränderten Situationen durch das Aufkommen neuer Mitbewerber, etc. Daher sollte die Customer Journey regelmäßig über Analysetools und die Conversion-Pfade überprüft werden. Es kann sein, dass die Zielgruppe “weiterwandert”, jedenfalls bei den Touchpoints außerhalb der eigenen Website. Während sie sich früher in Foren ausgetauscht hat, nutzt sie heute vielleicht Facebook-Gruppen und morgen ganz andere Plattformen. Die Customer Journey setzt also dort an, wo sich die Zielgruppe aufhält – sei dir dessen bewusst. Und wenn sie dann dort über Fachbeiträge, Podcasts, Videos, Werbeanzeigen, Suchtreffer etc. abgeholt wird, durchläuft sie den Conversionspfad auf der eigenen Seite, der mithilfe von A-B-Tests fortlaufend optimiert wird.
Noch ein Beispiel, wo die Customer Journey sehr früh am Anfang Probleme aufzeigt: Suche ich einen Fachpartner für einen bestimmten Anbieter und dieser bietet mir nicht die richtigen Informationen, um mir meinen gewünschten Überblick zu verschaffen, kann es einen Wettbewerbsnachteil darstellen … oder einen einen Wettbewerbsvorteil, wenn du deine Hausaufgaben gemacht hast. Hierzu im Folgenden ein Beispiel von Gira. Gira ist ein deutsches Unternehmen für Elektrotechnik und Smart-Home-Ausstattung. Es arbeitet mit vielen Elektrikern zusammen und bietet auf der Website eine Karte mit Filterfunktion, um einen regionalen Fachbetrieb zu finden, der sich mit Gira-Technik auskennt. Suche ich für die norddeutsche Stadt Rostock einen Fachbetrieb, so weist der erste Eintrag keine Kontaktdaten und keine Website auf. Als Nutzer klicke ich mich dann weiter zu den nächsten Einträgen, wo die Websites der Fachbetriebs gelistet sind.
Das Unternehmen des ersten Eintrag hat natürlich eine Website. Sie ist hier nur nicht hier auf der Herstellerleite gelistet, was eine Nachlässigkeit ist und direkt Kunden beim Start der Customer Journey zur Konkurrenz führen lässt.
Je früher Fehler behoben werden, desto geringer der Aufwand
Abschließend möchte ich dir noch den Hinweis geben, warum es so sinnvoll ist, planvoll an die Konzeption von Websites auch und vor allem unter Erstellung einer Customer Journey zu gehen: Mit jedem Meilenstein in der Projektentwicklung erhöhen sich dein Aufwand und deine Kosten für Veränderungen in den Prozessen. Während die Fehlerbehebung bei der Planung nur wenige Minuten Aufwand benötigt, kann es in der Konzeptionsphase bereits eine Stunde veranschlagen, in der Umsetzungsphase bis zu einem Tag dauern und nach dem Launch in einem Live-Projekt durchaus auch mehrere Tage an Zeitaufwand benötigen.
Wenn du als UX-Designer arbeitest, vielleicht helfen dir auch folgende Produkte von uns in deinen Prozessen:
Sich der Customer Journey bewusst werden
Von Matthias Petri